Neues Besuchsverbot für Abdullah Öcalan und Mitgefangene

Dem kurdischen Vordenker Abdullah Öcalan ist erneut ein dreimonatiges Kontaktverbot zu seinen Angehörigen erteilt worden, auch seine Mitgefangenen sind von der Maßnahme betroffen. Als juristische Ummantelung dient wieder eine „Disziplinarstrafe“.

Totalisolation

Gegen den auf der türkischen Gefängnisinsel inhaftierten PKK-Begründer Abdullah Öcalan ist ein weiteres dreimonatiges Kontaktverbot zu seinen Angehörigen erlassen worden. Das teilte die Anwaltskanzlei Asrin am Montag in Istanbul mit. Auch Öcalans Mitgefangene Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş dürfen keinen Besuch von Familienmitgliedern empfangen. Die Anordnung erfolgte demnach durch das Vollstreckungsgericht Bursa. Die Behörde ist zuständig für alle Fragen im Zusammenhang mit der Gefängnisinsel Imrali, auf der Öcalan seit 1999 in politischer Geiselhaft sitzt.

Laut Asrin wurde das neuerliche Besuchsverbot mit einer neuen „Disziplinarstrafe“ begründet, die Anfang Juli gegen die Imrali-Gefangenen verhängt worden sei. Die Auskunft über diese Maßnahme erhielt die Kanzlei, die Öcalan seit seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung in die Türkei vor 25 Jahren juristisch vertritt, jedoch erst durch einen Besuchsantrag. Warum ihre Mandanten zum wiederholten Mal mit einer „disziplinarrechtlichen Maßnahme“ abgestraft wurden, darüber erteilte das Gericht dem Rechtsbüro allerdings keine Auskunft. Asrin hat angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.

Die türkische Justiz erteilt in regelmäßigen Abständen Kontaktsperren in Höhe von drei oder sechs Monaten gegen die Imrali-Gefangenen, um ihren Kontakt zur Außenwelt zu unterbinden. Begründet wird das Vorgehen in der Regel mit vermeintlichem „Fehlverhalten“. Erklärungen, für welche Handlungen die Strafen verhängt wurden, sind eher selten. Mehrmals wurde jedoch die 2009 von Öcalan verfasste „Roadmap für Verhandlungen“, die dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als Verteidigungsschrift vorgelegt wurde, für Besuchsverbote auf Imrali herangezogen.

Abdullah Öcalan befindet sich seit dem 15. Februar 1999 in türkischer Gefangenschaft. Seine Verschleppung aus Kenia in die Türkei erfolgte im Zuge einer internationalen Geheimdienstoperation, an der unter anderem der CIA und Mossad beteiligt waren. Der türkische Staat fungiert in internationaler Absprache als Gefängniswächter, um den kurdischen Vordenker von der Öffentlichkeit zu isolieren und seine Vorstellungen von einer gerechten Gesellschaftsordnung zu unterdrücken. Der letzte Familienbesuch auf der Insel wurde im März 2020 abgesegnet. Ein Jahr später kam – bedingt durch eine internationale Protestwelle gegen die Isolation – ein Telefongespräch zwischen Abdullah Öcalan und seinem Bruder zustande, das nach wenigen Minuten aus unbekannten Gründen unterbrochen wurde.

Anwaltsverbot noch länger in Kraft

Das Anwaltsverbot für die Imrali-Gefangenen gilt sogar noch länger. Der letzte Besuch des Verteidigungsteams von Öcalan hatte am 7. August 2019 stattgefunden. Seine Mitgefangenen Ömer Hayri Konar, Hamili Yıldırım und Veysi Aktaş, die ebenfalls von der Istanbuler Kanzlei Asrin juristisch vertreten werden, haben seit ihrer Verlegung auf Imrali im Jahr 2015 noch nie mit ihrer Rechtsvertretung sprechen können.