Wan: Erdbebenopfer protestieren gegen Aussage Erdoğans

Der türkische Regimechef Erdoğan hatte nach dem Erdbeben in Xarpêt erklärt: „Wir haben Van, wir haben Erçiş neu aufgebaut.“ Die Menschen in Wan warfen Erdoğan nun vor zu lügen, er habe die Bevölkerung nur in Schulden getrieben.

Die nordkurdische Großstadt Wan (Van) und die Kreisstadt Erdîş (Erçiş) waren bei den großen Erdbeben 2011 in weiten Teilen zerstört worden. Nach offiziellen Angaben wurden bei dem Beben 644 Menschen getötet und mehr als 4.000 verletzt. Die wahre Zahl der bei dem Erdbeben getöteten Menschen wird vom türkischen Staat bis heute geheim gehalten. Nach inoffiziellen Zählungen liegt sie bei annähernd 3.000 Todesopfern.

Erdbebenhilfe in Wan floss an AKP-Kreisverbände

Bei den zwei großen Erdbeben der Stärke 6,5 und 7,2 auf der Richterskala wurden in den beiden Städten mehr als 30.000 Gebäude zerstört und Zehntausende weitere schwer beschädigt. Anstatt die Erdbebenhilfe an die bedürftige Bevölkerung zu verteilen, gaben die Gouverneure und Landräte die Hilfe an die Provinz- und Kreisverbände der Regierungspartei AKP oder ihre Vereine weiter, welche diese an die AKP-Unterstützer verteilten. Insbesondere ein Großteil der gelagerten Hilfsgüter wurden, anstatt sie zu verteilen, verkauft.

Hilfe vom Staat blieb aus

Am 23. Oktober 2011 hatten Erdbeben das Zentrum von Erdîş und am 9. November 2011 das Zentrum von Wan dem Erdboden gleich gemacht. Erst drei Tage nach dem Erdbeben trafen staatliche Rettungsteams in Erdîş ein. Drei Tage lang versuchte die Bevölkerung aus eigenen Mitteln die Menschen aus den Trümmern zu befreien und die Verletzten in Krankenhäusern unterzubringen. Während der Staat drei Tage brauchte, um nach Erdîş zu kommen, hatten die HDP-Stadtverwaltungen von Amed (Diyarbakır), Êlih (Batman), Sêrt (Siirt) und anderen Städten binnen drei Stunden Hilfe nach Erdîş entsandt und sowohl bei den Bergungsarbeiten geholfen, als auch die Bevölkerung unterstützt.

Spekulation mit Häusern für Erdbebenopfer

Mit Hilfe der kurdischen Bevölkerung und Spenden aus der ganzen Welt wurden in Erdîş, Êrdmed (Edremit), Kalecik, Arçak (Bostaniçi) und Qinik (Toprakkale) mehr als 15.000 Wohnungen errichtet. Während diese Gebäude mit internationaler Hilfe und Hilfe aus der Gesellschaft errichtet wurden, hat der Staat keinerlei Ausgaben getätigt und den Erdbebenopfern die Wohnungen für 80.000 Lira zwangsverkauft. Auch wenn neun Jahre seit dem Erdbeben vergangen sind, so sind doch die Wunden der Opfer noch lange nicht verheilt. Der Staat hat die Erdbebenopfer zu Objekten des Profits und der Spekulation gemacht, denn da die Erdbebenopfer die Kredite für die Wohnungen der staatlichen Baugesellschaft TOKI nicht zurückzahlen konnten, wurden sie den Betroffenen wieder entzogen. Tausende Erdbebenopfer sind ruiniert, weil sie die Kredite nicht zurückzahlen konnten. Nun werden die eingezogenen Wohnungen für Preise von bis zu 200.000 Lira vom Staat verkauft.

Erdoğan hat uns nur in Schulden gestürzt“

Aufgrund dieser Tatsachen erregten Erdoğans Äußerungen nach dem Erdbeben in Xarpêt (Elazığ), er habe Wan und Erdîş wiederaufgebaut, großen Unmut. Einwohner*innen der Städte erklärten gegenüber ANF: „Erdoğan hat rein gar nichts für uns getan. Er hat uns mit 80.000 Lira verschuldet. Der Staat hat die Erdbebenopfer von 2011 für seinen eigenen Profit missbraucht. Für die Wohnungen, die für uns errichtet wurden, hat der Staat keinen Cent ausgegeben. All die Wohnungen und die Hilfeleistungen fanden durch die Unterstützung der Bevölkerung statt. Insbesondere für Wan und Erdîş kamen aus der ganzen Welt Hilfsleistungen. Die AKP hat die ganze Hilfe in ihre Depots gebracht und nichts davon hat die Erdbebenopfer erreicht.

Insbesondere nach dem Erdbeben flossen Lastwagenladungen von Hilfsgütern zu den AKP-Anhängern. Erst drei Tage nach dem Erdbeben kamen überhaupt Rettungs- und Hilfsteams des Staats an. Dieses Volk hat sich selbst geholfen. Damals halfen uns unsere Partei und unsere Stadtverwaltungen. Da der Staat ganz absichtlich zu spät kam, sind Hunderte unter den Trümmern gestorben. Gerettete Verletzte sind wiederholt aufgrund der späten Hilfe verstorben. Wir haben unsere Toten und unsere Verletzten selbst aus den Trümmern herausgeholt, nicht Erdoğan. Erdoğan hat uns nur in Schulden und in den Bankrott getrieben. Heute sind in Wan Zehntausende hoch beim Staat verschuldet.“