Deutsche IS-Dschihadisten werden zum Problem

Die Diskussion um die Rückholung der von den YPG festgenommenen deutschen IS-Dschihadisten hat sich zugespitzt. Manche Politiker fordern den Dschihadisten die Pässe wegzunehmen.

Immer wieder ruft die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien die Bundesregierung dazu auf, ihre gefangengenommenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zurückzunehmen und vor deutsche Gerichte zu stellen. Die Bundesregierung versuchte sich bisher mit dem vorgeschobenen Argument, es gäbe keine diplomatische Vertretung in Syrien, der Verantwortung für deutsche IS-Mitglieder zu entziehen. Nach offiziellen Angaben sind aus Deutschland 1050 Personen dem IS beigetreten, ein Großteil von ihnen ist ums Leben gekommen, ein Teil nach Deutschland zurückgekehrt und ein weiterer Teil wurde von den Volksverteidigungseinheiten (YPG) oder dem irakischen Militär festgenommen.

Unter den 200 von den YPG festgehaltenen deutschen Staatsbürgern befinden sich auch mindestens 40 an schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligte Mitglieder des IS. Am Wochenende hatte der US-Präsident Trump das Desinteresse europäischer Regierungen an den Gefangenen kritisiert und getwittert: „Die USA ersuchen Großbritannien, Frankreich, Deutschland und andere europäische Verbündete, über 800 IS-Kämpfer, die wir in Syrien gefangen genommen haben, zurückzunehmen und vor Gericht zu stellen. Die Alternative, dass wir gezwungen sein werden, sie freizulassen, ist keine gute“. Auf Druck der USA wurden nun mögliche Regelungen für die Zurückholung der Dschihadisten zu einem wichtigen Gesprächsthema in Regierungskreisen. Allerdings erteilte der deutsche Außenminister Maaß eine Absage und erklärte, eine Rückholung aus Syrien sei sehr schwierig. Der bayerische CSU-Innenminister Herrmann erklärte sogar, es gäbe keinen Grund für „überzogene Eile“, die Personen säßen ja in Haft. Dass die Selbstverwaltung warnt, nicht für die sichere Verwahrung der Dschihadisten auf Dauer garantieren zu können, nimmt Herrmann offenbar in Kauf.

Deutsche Juristen: Guantanamo oder Den Haag sind keine Alternativen

Diskussionen um die Errichtung eines europäischen Guantanamos sind nach Auffassung von Juristen einfach gesetzeswidrig. Der ehemalige Verteidigungsminister und Strafrichter Prof. Rupert Scholz erklärte, ein Guantanamo sei gesetzlich nicht möglich, denn es könne keine Inhaftierung erfolgen, ohne einem Richter vorgeführt zu werden. Deutschland müsse seine Bürger zurücknehmen.

Der Verfassungsrechtler Prof. Ulrich Battis erklärte, eine Anklage vor dem Strafgerichtshof in Den Haag sei nicht möglich: „Deutschland hat die Straftatbestände extra so geschaffen, dass es diese Verfahren selbst führen kann.” Verfahren in Den Haag sind nur dann möglich, wenn das Heimatland der Angeklagten nicht in der Lage oder willens ist, die Verfahren zu führen. Ein solches Verfahren müsse in Deutschland geführt werden. Eine Verurteilung von Terror-Rückkehrern sei „nicht so schwierig, wie viele glauben”.

Innenminister Strobl: Staatsbürgerschaft aberkennen

Auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl mischte sich in die Diskussion ein und forderte die Aberkennung der Staatsbürgerschaft von deutschen IS-Mitgliedern. Er erklärte: „Wer in fremden Streitkräften dient, verliert seine Staatsbürgerschaft. Das muss erst recht für eine Terrormiliz gelten.“ Rupert Scholz kommentierte einen möglichen Entzug der Staatsangehörigkeit als nur möglich, wenn eine doppelte Staatsangehörigkeit bestehe, denn der IS stellt, auch wenn er sich selbst als Staat ausgerufen hat, keinen Staat nach internationalen Kriterien dar. Innenminister Seehofer hat die Rückholung der Dschihadisten an strenge Bedingungen gekoppelt. Er verlangte, dass bevor sie nach Deutschland zurückkehren, die Ermittlungsbehörden ihre Fälle genau und im einzelnen untersuchen, damit diese an den Flughäfen in Haft genommen werden könnten. Er wolle sonst keine „gefährlichen Leute“ aufnehmen.

Ähnliche Diskussionen finden auch in den anderen europäischen Ländern statt. Zuletzt hatten die Regierungsverantwortlichen in Dänemark und Großbritannien erklärt, dass sie keine Staatsbürger mit IS-Mitgliedschaft zurücknehmen würden. Bisher haben nur Frankreich, Indonesien, Russland, Marokko und Sudan Gefangene von den YPG zurückgenommen.

Die YPG halten im Moment 2.800 IS-Mitglieder fest. 800 von ihnen kommen aus 46 verschiedenen Nationen, vor allem aus dem Westen.