Verstorbener Journalist zu Haftstrafe verurteilt

Rund acht Monate nach seinem Tod ist der kurdische Journalist und Mitbegründer der per Notstandsdekret verbotenen Nachrichtenagentur DIHA, Kadri Kaya, in der Türkei zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Ein türkisches Gericht in der nordkurdischen Provinz Êlih (Batman) hat einen Verstorbenen wegen Terrorvorwürfen zu einer Haftstrafe verurteilt. Kadri Kaya, Journalist und Mitbegründer der per Notstandsdekret im Rahmen des Ausnahmezustands im Herbst 2016 verbotenen kurdischen Nachrichtenagentur DIHA (Dicle Haber Ajansı), erlag am 29. Oktober 2018 einem Krebsleiden. Im Jahr 2012 wurden er sowie zwei weitere Journalisten und drei Aktivisten wegen des Vorwurfs, eine Terrororganisation unterstützt zu haben, zu jeweils 25 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Ein Revisionsgericht fand aber den Vorwurf unzureichend begründet, zwei Jahre später wurden die Urteile gegen Kadri Kaya, Erdoğan Altan und Mehmet Karabaş sowie İhsan Bilayak, Mehmet Kaya und Musa Balu aufgehoben.

In dem nun neuverhandelten Prozess wird den Angeklagten vorgeworfen, die „Organisation“ – gemeint ist die kurdische Arbeiterpartei PKK - „unter dem Deckmantel des Journalismus“ mit Informationen versorgt zu haben. Mit der Berichterstattung zur Freilassung von inhaftierten Bürgermeister*innen und muttersprachlichen Unterricht sowie Meldungen, die Forderungen der Bevölkerung nach Einstellung von Militäroperationen und die Aufhebung der Isolationshaft Abdullah Öcalans beinhalteten, hätten die Journalisten Kaya, Altan und Karabaş beabsichtigt, „das Ansehen der Türkei auf internationaler Ebene zu schädigen“ und „in der Bevölkerung Wut und Hass gegen den Staat zu schüren“. Damit sei der Tatbestand der „Unterstützung“ und „Propaganda“ für eine Terrororganisation erfüllt. Den angeklagten Aktivisten wurde zudem zur Last gelegt, sich im kurdischen Sender Roj TV und dem Radiosender Mezopotamya geäußert zu haben. Mit Statements für die genannten Medienorganisationen seien der türkische Staat „beleidigt“ und „die Terrororganisation sowie ihre Anführer gebilligt und gelobt“ worden. Es sei offensichtlich, dass es sich bei den Angeklagten um Organisationsmitglieder handele, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer.

Obwohl dem Gericht der Tod von Kadri Kaya bekannt ist, wurde der Verstorbene dennoch wegen „wissentlicher und willentlicher Terrorunterstützung“ zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Auch gegen die fünf weiteren Angeklagten fiel das Urteil gleichhoch aus.

Überall im Land gab es für das Urteil Kritik. Einen Toten zu verurteilen, sei zynisch und menschenverachtend, erklärten die Hinterbliebenen Kadri Kayas. Es ist nicht das erste Mal, dass in der Türkei ein Verstorbener verurteilt wird. Menschenrechtler*innen zufolge zeigen umstrittene Prozesse wie diese die Gefahren, denen sich Journalist*innen und Regierungskritiker*innen zu Lebzeiten aussetzen und mit denen sie auch nach ihrem Tod konfrontiert werden können.