Journalist Nedim Türfent im Hungerstreik

Der inhaftierte Journalist Nedim Türfent hat sich am 1. März dem Gefängniswiderstand gegen die Isolation angeschlossen. In einem Brief schreibt er, dass er bei hoher Moral sei, sich aber um die seit vier Monaten hungerstreikenden Gefangenen Sorgen mache.

Im Mai 2016 wurde der kurdische Journalist und Korrespondent der mittlerweile per Notstandsdekret verbotenen Nachrichtenagentur DIHA, Nedim Türfent, in Wan festgenommen. Türfent hatte zuvor über den Machtmissbrauch von türkischen Staatsbeamten berichtet. Konkret ging es um eine Videoaufnahme vom August 2015 aus der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari). Das Video zeigt eine Sondereinheit türkischer Sicherheitskräfte dabei, wie sie mehrere Dutzend Arbeiter einer Baustelle in Handschellen legt und sie dazu zwingt, sich auf den Boden zu legen.

Im Hintergrund sind Gebrüll, rassistische Beschimpfungen und Drohungen zu hören. Gegen Ende des Videos fällt folgender Satz: „Jetzt werdet ihr die Macht der Türken spüren!“ Und weiter: „Ich kenne jetzt eure Gesichter. Wer uns betrügt, muss mit den Konsequenzen rechnen. Was hat euch dieser Staat angetan? Jetzt werdet ihr die Macht der Türken zu spüren bekommen“.

Nachdem Nedim Türfent über den Vorfall berichtete, wurde er mehrfach bedroht – unter anderem von Mitgliedern des JİTEM (Informeller Geheimdienst der türkischen Gendarmerie) -, an der Recherche und Berichterstattung gehindert und schließlich aufgrund von fingierten Ermittlungen verhaftet. Die Anklageschrift gegen den Journalisten wurde erst verfasst, nachdem er bereits 13 Monate in Untersuchungshaft saß. Der zuständige Staatsanwalt sah in Türfents journalistischen Tätigkeiten und seinen Artikeln ausreichend Beweise, um eine Haftstrafe von über 22 Jahren zu fordern.

Am 15. Dezember 2017 wurde Nedim Türfent schließlich wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde die Haftdauer dann noch wegen des „Fortbestands der Tatbestände“ auf acht Jahre und neun Monate verlängert.

Am 1. März hat sich der im Hochsicherheitsgefängnis von Wan (Van) inhaftierte Journalist mit 147 weiteren politischen Gefangenen dem Hungerstreik gegen die Isolationshaft des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan angeschlossen. In einem Brief schreibt Nedim Türfent, dass er zwar bei hoher Moral sei, sich aber um die teilweise seit vier Monaten hungerstreikenden Mitgefangenen große Sorgen mache. „Ich hoffe, dass nicht noch ein weiteres Leben aus unseren Händen gleitet”, so Türfent.

Er selbst habe mittlerweile zehn Kilogramm an Körpergewicht verloren, außerdem berichtet Türfent von den üblichen Beschwerden wie Müdigkeits- und Schwächegefühlen, Schwindel und heftigen Kopfschmerzen.

Hintergrund des Hungerstreiks gegen Isolation

Abdullah Öcalan, Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung, befindet sich seit seiner Verschleppung im Februar 1999 in der Türkei in Haft. Der letzte Besuch seiner Anwälte fand vor fast acht Jahren statt. Seit Abbruch der Friedensverhandlungen mit der PKK durch die türkische Regierung im Jahr 2015 wird Öcalan von der Öffentlichkeit abgeschottet.

Mit dem von der HDP-Abgeordneten Leyla Güven am 7. November initiierten Hungerstreik werden Bedingungen für Öcalan gefordert, in denen er als Vorsitzender einer legitimen Bewegung leben und arbeiten kann, um so zu einer Lösung der kurdischen Frage beizutragen.

Nach dem letzten Familienbesuch im September 2016 war sein Bruder Mehmet Öcalan erstmalig wieder am 12. Januar für ein 15-minütiges Gespräch auf Imrali. Die Hungerstreikenden erklärten anschließend, dass ihre Forderung damit nicht erfüllt sei und die Aktion so lange fortgesetzt wird, bis die Isolation Öcalans vollständig aufgehoben ist.

Dem Hungerstreik haben sich bisher Tausende Menschen in und außerhalb der türkischen Gefängnisse angeschlossen.