Türkisches Konsulat nimmt Heilbronner den Pass weg

Ein Routinebesuch auf dem türkischen Konsulat in Stuttgart endete für einen 61-jährigen Heilbronner mit einer bösen Überraschung: Dem alevitischen Kurden wurde der Pass entzogen, weil in der Türkei ein Haftbefehl gegen ihn vorliegen soll.

Beamte der Erdoğan-Regierung haben laut dem regierungskritischen Internetportal Artı Gerçek auf dem türkischen Generalkonsulat in Stuttgart den Pass eines 61-jährigen Heilbronners beschlagnahmt. Der alevitische Kurde, der seit 43 Jahren in der baden-württembergischen Großstadt lebt, habe am Donnerstag nur eine kurze Formalie erledigen wollen, als ihm der Reisepass abgenommen wurde. Ihm sei gesagt worden, dass er in der Türkei per Haftbefehl gesucht werde.

Warum gegen den Mann Ermittlungen in der Türkei liefen, sei laut den Konsulats-Angestellten nicht bekannt. Der Betroffene äußerte sich gegenüber der Journalistin Süheyla Kaplan empört über die Einziehung des Passes. Den Haftbefehl kann er sich nicht erklären. Er sei nicht Mitglied eines kurdischen Vereins, kritisiere allerdings hin und wieder in Online-Netzwerken das Unrechtsystem in der Türkei und nehme an Kundgebungen gegen die repressive Erdoğan-Politik teil. „Offenbar beruht der Haftbefehl auf Hinweisen freiwilliger Denunzianten“, so der Betroffene, der hinter der Maßnahme einen Einschüchterungsversuch gegenüber Oppositionellen vermutet. Für die Meldung missliebiger Personen hat die türkische Regierung eigens eine Smartphone-App und Webseiten eingerichtet.

Sieben Passentzüge in einer Woche?

Der Heilbronner Rechtsanwalt Dr. Robert Wingerter zeigte sich überrascht. Innerhalb einer Woche seien gleich sieben Pässe von türkischen Staatsangehörigen in Diplomatengebäuden der Türkei beschlagnahmt worden, erklärte der Jurist.

Altbekannte Methode gegen Oppositionelle

Die Praxis der Passentziehungen in türkischen Konsulaten ist schon länger bekannt. Wer mit der von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan regierten Türkei nicht auf Linie ist, wird auch im Ausland drangsaliert. Die Beschlagnahmung des Passes aufgrund von willkürlichen Strafverfahren unter dem Deckmantel der sogenannten Terrorbekämpfung ist dabei eine beliebte Methode, Oppositionellen den langen Arm des türkischen Regimechefs spüren zu lassen.