Seit dem einseitigen Abbruch der Friedensgespräche zwischen der türkischen Regierung und dem PKK-Gründer Abdullah Öcalan durch Staatspräsident Erdogan im Sommer 2015 dreht die AKP unermüdlich an der Repressionsschraube gegen die kurdische Bevölkerung und die demokratische Opposition. Der seitdem in voller Fahrt laufende Vernichtungsfeldzug hat den Dialog, politische Diskussionen, Pluralismus und Grundrechte de facto abgeschafft. Nahezu täglich kommt es zu willkürlichen Festnahmen und Verhaftungen.
In der nordkurdischen Provinz Riha (Urfa) wurden am Dienstag dreizehn Personen in den ländlichen Gebieten des Bezirks Hewenc (Bozova) bei einer Razzia der türkischen Militärpolizei (Jandarma) festgenommen. Den Betroffenen Mehmet Yıldırım, Kenan Yıldırım, Müslüm Yıldırım, Yılmaz Doğan, Tacettin Gül, Abdullah Polat, İbrahim Polat, Mustafa Yıldız, İskender Şeker, Emin Zincirkıran, Mahmut Pehlivan, Ayhan Atmaca und Mustafa Taş wird „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und „Unterstützung für selbige Organisation“ vorgeworfen. Bei den meisten handelt es sich um Zivilisten, die bereits im vergangenen Mai nach einer Schießerei mit einem Polizeikomissar festgenommen und in Gewahrsam schwerer Folter ausgesetzt wurden. Weitere Informationen zu den Anschuldigungen gegen sie liegen noch nicht vor.
In Istanbul ordnete ein Gericht Untersuchungshaft gegen vier Personen an, denen im Zusammenhang mit Geldüberweisungen an politische Gefangene ebenfalls Mitgliedschaft in einer Terrororoganisation zum Vorwurf gemacht wird. Mustafa Turgut, Adem Öztürk, Ahmet Ogün und Serkan Yılmaz waren vergangene Woche mit sechs weiteren Personen bei provinzweiten Razzien festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Anschuldigungen auf den Zeitpunkt der Geldtransfers: alle Überweisungen sollen in die Phase des Hungerstreiks politischer Gefangener für die Aufhebung der Isolationshaft Abdullah Öcalans gefallen sein. Den Hungerstreik hatte die damals noch inhaftierte HDP-Abgeordnete Leyla Güven im November 2018 initiiert. Erst im darauffolgenden Mai wurde die Aktion nach einem Aufruf von Öcalan beendet.
Zu einer weiteren Verhaftung kam es in der Provinz Erzîrom (Erzurum). Dort war am Samstag im Landkreis Bêraqdar (auch Qereyazî, türkisch: Karayazı) die Wohnung von Irfan Arslan gestürmt worden. Im Zuge der Razzia wurden dem Mann von Polizisten zwei Rippen gebrochen, außerdem erlitt er diverse Schnittverletzungen im Gesicht und am Kopf. Zwar ordnete die Polizei formell eine ärztliche Untersuchung an, um ein Attest über seinen Gesundheitszustand einzuholen. Doch sowohl das staatliche Krankenhaus in Bêraqdar als auch das Lehr- und Forschungskrankenhaus in Erzîrom attestierten Arslan eine „uneingeschränkte gesundheitliche Verfassung” bzw. Haftfähigkeit. Mittlerweile wurde er wegen Terrorvorwürfen an das E-Typ-Gefängnis in der Provinz überstellt. Seine Ehepartnerin Şevin Arslan und sein Vater Halis Arslan, die ebenfalls bei der Hausdurchsuchung festgenommen worden waren, wurden gegen Meldeauflagen auf freien Fuß gesetzt.