TOHAV: Dringender Appell an CPT und UN

Die in Istanbul ansässige Stiftung TOHAV appelliert angesichts des fortgeschrittenen Hungerstreiks kurdischer Gefangener an das europäische Antifolterkomitee und die UN, zu einem Dringlichkeitsbesuch in die Türkei zu reisen.

Die Stiftung für Gesellschafts- und Rechtsstudien (Toplum ve Hukuk Araştırmaları Vakfı, TOHAV) hat einen dringenden Appell an das Antifolterkomitee des Europarates (CPT) und den UN-Ausschuss gegen Folter gerichtet. Darin fordert die Stiftung beide Institutionen auf, die Augen vor Folter nicht weiter zu verschließen. Gesetze und Vorschriften, die Folter verhindern sollen, werden in der Türkei bisher nicht umgesetzt, so die Stiftung. Stattdessen werden Folter- und Misshandlungsvorwürfe heruntergespielt, insbesondere hinsichtlich der hungerstreikenden politischen Gefangenen und Abdullah Öcalan. Das CPT und der UN-Ausschuss gegen Folter werden aufgefordert, in die Türkei zu reisen, um den verbreiteten Einsatz von Folter durch staatliche Behörden zu stoppen.

In dem Appell heißt es einleitend: „Entsprechend Ihrer Funktion möchten wir Sie dazu auffordern, Ihre Befugnisse gegen die routinemäßige Verwaltungspraxis türkischer Behörden auszuüben, die in absolutem Widerspruch zu den in der Konvention der Vereinten Nationen und dem Europäischen Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung stehen. Wir laden Sie ein, zu einem Dringlichkeitsbesuch in die Türkei zu reisen, um Folter und andere Formen der Misshandlung zu verhindern.”

Hungerstreik für Öcalan in kritischer Phase

TOHAV weist in ihrem Appell auf die kritische Phase hin, in der sich die DTK-Vorsitzende Leyla Güven und die hungerstreikenden Gefangenen befinden. Die Politikerin initiierte am 7. November einen unbefristeten Hungerstreik, um der Forderung nach Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans auf der Gefängnisinsel Imrali Nachdruck zu verleihen. Mittlerweile befinden sich auch rund 7.000 politische Gefangene im Hungerstreik gegen die Isolationshaftbedingungen des PKK-Gründers. Immer wieder dringen Berichte an die Öffentlichkeit, wonach hungerstreikende Gefangene gefoltert und misshandelt werden. Das betont auch die Stiftung TOHAV und verweist auf die gängige Praxis in den Gefängnissen. So würden weiterhin etlichen Gefangenen das im Hungerstreik dringend benötigte Vitamin B und Salz vorenthalten, außerdem sollen medizinische Untersuchungen der Gefangenen nicht gemäß den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt werden. Die Stiftung kritisiert auch Disziplinarstrafen wie Einzel- oder Bunkerhaft, die Gefangenen aufgrund ihrer Teilnahme am Hungerstreik auferlegt werden. „Die Disziplinarstrafen verstoßen gegen das türkische Grundgesetz und die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sie sind nicht mit der Menschenwürde vereinbar”, heißt es weiter.

‚Folter und Tod’

Ein weiterer Rechtsverstoß, der auf das Schärfste von TOHAV kritisiert wird, ist die angedrohte Zwangsernährung der Gefangenen und die erniedrigende Behandlung der Gefangenenangehörigen durch das Gefängnispersonal und die Behörden. Die Stiftung weist in ihrem Appell auf bleibende Schäden hin, die bereits jetzt schon schwerwiegende gesundheitliche Folgen für die Gefangenen haben. Es könne jederzeit zu Todesfällen kommen. Auch wird auf die Gefangenen Zülküf Gezen, Ayten Beçet, Zehra Sağlam und Medya Çınar verwiesen, die als Aktionsform den Freitod gewählt haben, um ihren Protest gegen die Isolation Abdullah Öcalans zum Ausdruck zu bringen.

‚Sie müssen handeln’

Die Stiftung merkt in ihrem Appell abschließend an, dass der mittlerweile 800. Antrag der Öcalan-Anwälte auf Mandantenbesuch von den türkischen Behörden abgelehnt worden ist und Öcalan seit 20 Jahren das Recht auf Telefonkontakt mit seinen Angehörigen verwehrt wird. Weiter heißt es: „Wir haben ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Verletzung grundlegender Menschenrechte, insbesondere in Bezug auf das Grundrecht auf Leben und Gesundheit der Gefangenen, die sich im Hungerstreik befinden. Das absolute Verbot von Folter und anderen Formen der Misshandlung ist grundsätzlich von Verstößen bedroht.

Wir rufen Sie auf, Besuche durch unabhängige Ausschüsse und Delegationen im Gefängnis von Imrali und den anderen Haftanstalten der Türkei zu veranlassen sowie sicherzustellen, dass grundlegende Menschenrechte aller Gefangenen geachtet werden, und in dieser Hinsicht Kontakt zum Justizministerium und anderen Behörden aufzunehmen. Da dies eine sehr dringende Angelegenheit ist, bitten wir Sie, umgehend und positiv zu antworten.”