Am Samstag finden in mehreren europäischen Ländern Demonstrationen gegen das Vorgehen des türkischen Staats nach der Erdbebenkatastrophe statt. Die Proteste sind vom Verband Demokratischer Kräfte in Europa (ADGB) und der Plattform der Kurdistan-Institutionen in Europa initiiert. Auch die Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E) ruft zur Teilnahme auf:
„Wir haben die Schreie vieler Menschen erlebt, die unter den Trümmern auf Hilfe warteten, weil die Such- und Rettungsaktionen entweder nie oder zu spät kamen. Wenn wir die wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Dimension des Erdbebens und der andauernden Nachbeben betrachten, können wir diese große Katastrophe nicht unabhängig von der Politik betrachten. Die türkische Regierung ist direkt verantwortlich für die Entstehung und Ausweitung dieser Katastrophe. Sie konnte die Krise von Anfang an nicht bewältigen und macht sie noch größer, indem sie freiwillige Helferinnen und Helfer von politischen Parteien und Nichtregierungsorganisationen blockiert. Durch die Verzögerung der Hilfsarbeiten hat sie mehr Menschen in den Trümmern sterben lassen. Viele Dörfer und Siedlungen konnten nicht mit Hilfsgütern beliefert werden, Freiwillige wurden drangsaliert und festgenommen und zivilgesellschaftlich organisierte Hilfslieferungen wurden beschlagnahmt und als staatliche oder AKP-Leistung deklariert.“
„Die Bevölkerungsstruktur im Erdbebengebiet wird verändert“
Die TJK-E kritisiert, dass die Erdbebenregion nicht zum Katastrophengebiet erklärt wurde. Stattdessen sei der Ausnahmezustand ausgerufen worden. Die Erdogan-Regierung versuche das Erdbeben für ihre politischen Vorteile zu nutzen: „Die Tatsache, dass im Katastrophengebiet Kurd:innen, Araber:innen und Alevit:innen sowie Angehörige anderer Religionen leben, ist der Grund für die bewusste Verzögerung der Intervention. Die Regierung zielt darauf ab, die demografische Struktur der Region zu verändern. Sie nutzt das Erdbeben aus, indem sie mit einer genozidalen Politik Feindseligkeit, Rassismus und Diskriminierung schürt. Aus diesem Grund wurde den unter den Trümmern Eingeschlossenen drei Tage lang nicht geholfen, und die Such- und Rettungsteams aus verschiedenen Ländern der Welt mussten stundenlang auf den Flughäfen warten, wodurch sich ihr Eingreifen verzögerte.“
„Verantwortlich sind Erdoğan und seine Kumpane“
Weiter stellt die TJK-E fest: „Die Verantwortlichen für diese Katastrophe sind Erdoğan und seine Kumpane, die seit Jahren eine Erdbebensteuer kassieren, von der unklar ist, wofür sie verwendet wird.“ Aus Profitgier seien Bauamnestien erlassen und alle Mängel mit Geld kaschiert worden.
Die Erdoğan-Regierung sei auch für den Verlust von Menschenleben in Rojava verantwortlich, weil Hilfslieferungen blockiert werden und die Region trotz des Erdbebens bombardiert wird. Trotz dieses inhumanen und völkerrechtswidrigen Vorgehens könne die türkische Regierung weiter auf die Unterstützung der USA, Russlands und der EU bauen. Die kurdische Freiheitsbewegung hingegen habe nach dem Erdbeben beschlossen, militärische Aktionen einzustellen und alle Energie in die Hilfe für die betroffene Bevölkerung zu kanalisieren.
„Das Erdbeben hat gezeigt, wie wichtig eine organisierte Gesellschaft ist“
„Dieses Erdbeben hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig die Solidarität und Organisation der Völker ist. Das kurdische Volk und seine in Europa lebenden Freundinnen und Freunde haben die Mobilisierung ausgerufen und in jeder Region Krisendienste eingerichtet, um die notwendige Koordinierung der Hilfe zu gewährleisten. In diesem Sinne besteht unsere Hauptaufgabe darin, die Wunden des Volkes zu heilen und die Lebensbedingungen nach dem Erdbeben wieder herzustellen. Die von der Regierung geschaffene Situation zeigt uns einmal mehr, dass das derzeitige System auf Blut, Tränen, Plünderung, Tod, Völkermord und Kriegspolitik besteht. Die schmutzige Allianz von Erdoğan und seiner Regierung muss überall angeprangert werden. Wir müssen ihm und seinen Anhängern ins Gesicht schreien, dass sie sich nicht vom Blut der Völkern, Frauen und Kindern ernähren können“, fordert die TJK-E.
Demonstrationen in Europa
Demonstrationen sind für den 25. Februar in England, Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, Belgien, Kanada, Griechenland, Australien, Zypern und Frankreich angekündigt, in Deutschland in Hamburg, Hannover, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Stuttgart.