Stichwahl über offene Parlamentssitze in Iran

In Iran hat eine Stichwahl um 45 der insgesamt 290 Sitze im Parlament begonnen. Wegen des Ausschlusses der meisten Reformkandidierenden wird erneut ein Erfolg von Hardlinern erwartet.

Scheinwahl der Mullahs

In Iran findet eine Stichwahl um 45 der insgesamt 290 Parlamentssitze statt. Die Abstimmung wird überall dort durchgeführt, wo Kandidierende in der ersten Runde im März nicht die erforderliche Mindestzahl an Stimmen erreicht hatten. Damals hatte sich das erzkonservative Lager durchgesetzt. Das lag auch daran, dass fast alle reformorientierten Kandidierenden im Vorfeld ausgeschlossen wurden. Laut Innenministerium stehen bei der Stichwahl 11.500 Wahllokale in 15 Provinzen für die Wahlberechtigten zur Verfügung.

Die Wahlbeteiligung lag in der ersten Runde nach offiziellen Angaben bei knapp 41 Prozent und war damit so niedrig wie noch nie in der Geschichte der Islamischen Republik Iran. Die Parlamentswahlen waren die ersten nach der von Frauen angeführten „Jin Jiyan Azadî“-Revolte, die sich im Herbst 2022 am gewaltsamen Tod der 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini in Polizeihaft entzündet hatte. Die geringe Beteiligung wurde von vielen als Schlappe für das Regime und Ausdruck der Missstimmung des Volkes gegen das Herrschaftssystem der Mullahs gewertet.

Es wird erwartet, dass die Liste der „Treuhänder“ mit dem Kleriker Hamid Rassai an der Spitze wie in der ersten Runde die Abstimmung für sich entscheidet. Die Fraktion gilt in Iran als islamistisch, antisemitisch und frauenfeindlich. Dem iranischen Parlament, das auch Madschlis genannt wird, kommt bei der Führung des Landes aber nur eine untergeordnete Rolle zu. Das letzte Wort bei allen wichtigen Entscheidungen hat das geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei. Die nächste Legislaturperiode des iranischen Parlaments beginnt am 27. Juni.