„Sie fürchten sich vor Öcalans Gedanken“

Auf einer Veranstaltung mit dem Titel „Wir verzichten nicht auf Frieden, Freiheit, Demokratie“ in Istanbul verwies die HDP-Abgeordnete Remziye Tosun auf die Bedeutung Abdullah Öcalans für einen Friedensprozess.

Auf einer Veranstaltung der Demokratischen Partei der Völker (HDP) im Istanbuler Bezirk Bahçelievler, die unter dem Motto „Wir verzichten nicht auf Frieden, Freiheit, Demokratie“ in der örtlichen Parteizentrale stattfand, haben sich die HDP-Abgeordnete Remziye Tosun und der Vorsitzende der Friedensstiftung, Hakan Tahmaz, zur aktuellen Situation in der Türkei und Kurdistan sowie zu den Aussichten auf einen erneuten Friedensprozess geäußert.

Remziye Tosun erklärte, das Ausbleiben des Friedens sei nicht unabhängig von der Isolation des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali zu betrachten. Die Abgeordnete verwies darauf, dass die Isolation Öcalans nach den Wahlen im Jahr 2015 intensiviert worden sei. „Solange die Isolation auf Imrali und in den anderen Gefängnissen nicht aufgehoben ist, kann kein Kurde von sich behaupten, frei zu sein. Die Isolation auf Imrali gilt allen Kurdinnen und Kurden. Es besteht Angst vor den Gedanken Öcalans und vor einer Ausbreitung seiner Gedanken. Aus diesem Grund ist die Isolation verschärft worden. Wir leben in einer Zeit, in der uns nicht einmal zugestanden wird, unsere Toten zu betrauern. Weil es uns nicht gelingt, die Isolation auf Imrali zu brechen, werden wir als Gesellschaft in allen Bereichen des Lebens isoliert. Das gilt auch für die Samstagsmütter, deren Aktion verboten und angegriffen worden ist. Wir müssen alle zusammenstehen.“

Im Anschluss an die HDP-Abgeordnete ergriff der Journalist und Buchautor Hakan Tahmaz das Wort. Der Vorsitzende der Friedensstiftung ging zuerst darauf ein, dass in der Türkei weiterhin Menschen verhaftet werden, weil sie in den sozialen Medien Frieden fordern. Dann verwies er auf den Angriff auf die Samstagsmütter vor zwei Tagen: „Es wurden Mütter festgenommen, die nichts weiter fordern, als die Gebeine ihrer Kinder zu begraben.“ Dass die Öffentlichkeit in der Türkei solche Vorfälle nicht weiter hinterfrage, sei ein großes Problem: „Niemand will auf den eigenen Komfort verzichten. Als Friedensstiftung untersuchen wir, wie sehr sich die Menschen eigentlich für Frieden interessieren. In der Türkei hat ein sehr wertvoller Lösungsprozess stattgefunden, während dem keine Toten zu beklagen waren. In dieser Zeit haben die Mütter nicht dafür gebetet, dass ihre Söhne nicht als Leichen nach Hause zurückkommen. Aber wir haben den Wert nicht zu schätzen gewusst. Der Lösungsprozess war für den Frieden äußerst wichtig.“

Nach den Eingangsstatements wurde die Veranstaltung mit den Fragen und Diskussionsbeiträgen der Teilnehmenden fortgesetzt.