Am kommenden Dienstag wird das 129b-Verfahren gegen den kurdischen Aktivisten Mirza B. vor dem Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht (OLG) München fortgesetzt. Der 36-Jährige, der im Mai des vergangenen Jahres festgenommen wurde, wird der mutmaßlichen Mitgliedschaft in einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland – gemeint ist hier die PKK – beschuldigt. Der Prozessauftakt war am vergangenen Freitag.
Für den bevorstehenden Verhandlungstag ist eine Anhörung der akademischen Rätin der Universität Bamberg, Dr. Ellinor Morack, zur Lage der Kurdinnen und Kurden in der Türkei angesetzt. Die Sachverständige wird Fragen der Verfahrensbeteiligten zur politischen Situation in der Türkei, insbesondere hinsichtlich der Repression gegen Kurdinnen und Kurden, beantworten. Es geht darum, die persönlichen Hintergründe des Angeklagten und das politische Umfeld, in dem er aufwuchs, zu beleuchten. Der Kölner Rechtshilfefonds Azadî e.V., der das Verfahren in München begleitet, erklärte dazu: „Die Berücksichtigung dieser Aspekte ist für eine Bewertung der politischen Aktivitäten von Angeklagten wie Mirza B. unumgänglich.“ Nicht zuletzt aus diesen Gründen fordert die Verteidigung eine Einstellung des Verfahrens.
Wie in allen ähnlichen Verfahren geht es auch im Prozess gegen Mirza B. nicht um individuelle Straftaten. Vielmehr ist eine politische Gesinnung auf der Anklagebank. Grundlage ist das umstrittene Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von 1993 und die laut §129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Ermächtigung des Bundesjustizministeriums zur strafrechtlichen Verfolgung von Funktionsträger:innen von 2011. Rechtsanwalt Yunus Ziyal aus Nürnberg, Verteidiger des Angeklagten, zweifelt – wie viele andere Jurist:innen – daran, dass diese politisch motivierte Ermächtigung angesichts der Entwicklungen in der Türkei aufrechterhalten bleiben kann. Momentan bemüht sich auch die PKK darum, dass das Betätigungsverbot gegen sie aufgehoben wird. Einen entsprechenden Antrag, der vergangene Woche beim Bundesinnenministerium eingereicht wurde, haben die Berliner Rechtsanwälte Lukas Theune und Peer Stolle ausgearbeitet.
München International: Mirza ist politischer Gefangener
Die Gruppe München International, die das Verfahren gegen Mirza B. kritisch beobachtet und begleitet, schließt sich der Forderung nach einer Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland an und zeigt sich solidarisch mit dem kurdischen Aktivisten. „Hier mag es zwar um geltendes Recht gehen, aber wir bezweifeln, dass es um Gerechtigkeit geht. Mirza ist kein Straftäter, sondern ein politischer Gefangener“, erklärt ein Mitglied der Gruppe. „Es handelt sich um einen politischen Prozess, es geht um Einschüchterung und Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung. Statt die Kriminalisierung fortzusetzen, muss endlich ein Dialog initiiert werden, damit es zu einem Friedensprozess zwischen der PKK und dem türkischen Staat kommt.“
Der Verhandlungstag am 24. Mai beginnt um 9:30 Uhr vor dem OLG München, Saal B-275, Nymphenburger Str. 16.
Titelfoto: Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM)