Rahmani: Rojava gibt den Unterdrückten Hoffnung

Der iranische Autor Bahram Rahmani betont im Gespräch mit ANF die Bedeutung der demokratischen Alternative in Rojava für die Unterdrückten der Welt und ruft zur Solidarität mit dem Widerstand gegen die türkische Invasion auf.

Der ehemalige Vorsitzende der Vereinigung der iranischen Schriftsteller und der iranischen Abteilung des Autorenverbands PEN, Bahram Rahmani, hat mit ANF über die Mittelostpolitik der Türkei und die türkische „Kurdenpolitik“ in Syrien gesprochen. Rahmani betont die Bedeutung der demokratischen Alternative in Rojava für die Unterdrückten der Welt und weist der Türkei und Erdoğan eine entscheidende Verantwortung für den Krieg in Syrien zu.

Astana muss untersucht werden

Den Abschuss eines russischen Flugzeugs durch die Türkei im Jahr 2015 betrachtet der iranische Autor und Journalist als einen entscheidenden Wendepunkt: „Ankara hat sich von den USA und der NATO entfernt und begonnen, mit Russland und dem Iran zusammenzuarbeiten. Allerdings standen diese Kräfte in Syrien auf unterschiedlichen Seiten. Während Russland und der Iran an der Seite von Assad Position bezogen, setzte die Türkei ihre Unterstützung für die Dschihadisten fort. Man muss sich genau anschauen, wie diese Länder, obwohl sie verschiedene Fraktionen unterstützen, in Bezug auf die Zukunft Syriens zusammenarbeiten. Sie kommen in Astana zusammen und treffen Entscheidungen. Aber am Tisch ist weder die syrische Regierung noch die syrische Bevölkerung präsent. Drei Länder bestimmen über die Zukunft eines anderen Landes.“

Die Position der Türkei ist geschwächt

Trotz der unterschiedlichen Interessen hinsichtlich Syrien hätten beide Länder der Besatzung Nordsyriens durch die Türkei grünes Licht erteilt, fährt Rahmani fort. „Erdoğans Ziel war es, Araber aus Syrien im Grenzgebiet anzusiedeln, um auf diese Weise die Beziehung zwischen den Kurden in Nordkurdistan [türkisches Staatsgebiet] und Rojava zu verhindern. Aber dies konnte bis heute nicht umgesetzt werden. Die Türkei ist ökonomisch gar nicht in der Lage, so etwas zu tun. Auch in Idlib befindet sich die Türkei in einer schwierigen Situation. Hier sind die von Ankara unterstützten IS- und Al-Qaida-Gruppen an der Macht. Aus all diesen Gründen ist die Position der Türkei geschwächt.“

Bahram Rahmani

Erdoğans Libyenplan

Rahmani erinnert daran, dass Erdoğan Dschihadisten während des Syrienkriegs bewaffnet und unterstützt hat. Da sie auf türkischem Territorium nicht untergebracht werden könnten, plane Ankara die islamistischen Verbündeten in den libyschen Bürgerkrieg zu entsenden. „Unabhängig von dem, was Erdoğan getan hat, befindet sich die Türkei eigentlich in einer Schlüsselposition im Mittleren Osten. Erdoğan und der türkische Staat haben Angst, dass sich die Systeme verändern. Es gibt im Iran eine starke Volksbewegung gegen die Mullahs. Wenn das iranische Regime zusammenbricht, wird dies einen starken Einfluss auf die Türkei haben. Erdoğan wird sich nicht an der Macht halten können.“

Erdoğan und Chameney gehen ideologisch vor

Während Russland eine pragmatische Politik entlang seiner politischen und ökonomischen Interessen verfolge, gingen Erdoğan und Chamenei ideologisch vor und unterstützen ihnen nahestehende Islamisten. So unterstützt Erdoğan auch die Muslimbruderregierung in Libyen, sagt Rahmani.

Erdoğan fürchtet die Geländegewinne der Kurden

„Der türkische Staat greift das kurdische Volk und die PKK seit 40 Jahren an. Aber das kurdische Volk hat seine Forderungen. Erdoğan geriet in Panik, als die Kurden während des Friedensprozesses immer stärker wurden und die HDP 80 Abgeordnete ins Parlament entsenden konnte. Trotz aller Repression konnte die HDP auch bei den letzten Wahlen 50 Abgeordnete ins Parlament schicken. Erdoğan fürchtet sich noch stärker vor den Entwicklungen in der Türkei und Nordkurdistan als vor Rojava. Er fürchtet sich vor dem kurdischen Volk in Nordkurdistan. Jeder weiß, dass seit acht Jahren keine Bedrohung für die Türkei von Rojava ausging. Erdoğan fürchtet, dass sich das demokratische System in Rojava auf Kurdistan und den Mittleren Osten ausweitet.“

Rojava passt den reaktionären und imperialistischen Staaten nicht

Nicht nur die Türkei sei gegen Rojava, auch der Iran, Saudi-Arabien, Katar, Israel, die EU, die USA und die anderen Länder stellten sich gegen die Selbstverwaltung, sagt Rahmani. „Seit acht Jahren hat kein einziges Land das System in Rojava anerkannt. Sie geben vor, gegen die türkische Invasion in Rojava zu sein, aber gleichzeitig passt ihnen das dortige System nicht. In Rojava werden deutsche und Schweizer Waffen sowie Rüstungsgüter aus anderen westlichen Ländern eingesetzt. Diese Länder wollen nicht, dass sich die Völker selbst verwalten.

Das System von Rojava ist erfolgreich, weil es sich auf die Bevölkerung stützt

Als der IS Şengal angriff, haben die Peschmerga die Eziden im Stich gelassen und sich zurückgezogen. Die Hilfe kam aus Rojava und der IS wurde daran gehindert, in die selbstverwalteten Gebiete in Nordsyrien vorzudringen. Das Volk von Rojava leistet nun Widerstand gegen die türkische Invasion. Das System in Rojava gibt den Armen auf der ganzen Welt Hoffnung. Alle unterdrückten Völker sollten den Widerstand von Rojava gegen den türkischen Staat unterstützen.“