Prozess um „Kinderheirat“: Familienministerium fordert Nachrichtensperre

In Istanbul beginnt am Montag der Prozess um den Fall einer jungen Frau, die als Sechsjährige mit einem Imam zwangsverheiratet wurde. Das türkische Familienministerium will im Vorfeld einen Öffentlichkeitsausschluss und eine Nachrichtensperre durchsetzen.

Am Montag beginnt an einem Strafgericht in Istanbul der Prozess um den Fall einer jungen Frau, die im Alter von sechs Jahren mit einem Imam zwangsverheiratet wurde. Angeklagt sind der „Ex-Mann“ der heute 24-Jährigen sowie ihre Eltern. Sie wirft ihrem Vater Yusuf Ziya Gümüşel, einflussreiches Mitglied der islamistischen Ismail-Ağa-Sekte und Gründer der AKP-nahen Hiranur-Stiftung, vor, sie 2004 mit dem damals 29-jährigen Ordensmann Kadir Istekli verheiratet zu haben.

Es war Gümüşel persönlich, der die sogenannte Imam-Ehe seiner Tochter mit dem „Bräutigam“, der als Hodscha (Koranlehrer) in der stiftungseigenen Medrese arbeitete, schloss. Laut Anklageschrift wurde dem Kind fortan durch Istekli körperliche und sexualisierte Gewalt angetan. Er muss sich wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen und Heranwachsenden verantworten. Den Eltern wird zur Last gelegt, die jahrelangen Misshandlungen der Tochter durch Istekli zugelassen zu haben.

Das türkische Ministerium für Arbeit, Soziales und Familie tritt als Mitkläger in dem Verfahren auf. Kurz vor dem Prozessauftakt hat die Behörde bei Gericht einen Öffentlichkeitsausschluss beantragt. Kommt das Gericht dem Antrag nach, würde die Öffentlichkeit für die Dauer der Vernehmung aller Angeklagten ausgeschlossen und die Verhandlungen würden in nichtöffentlicher Sitzung durchgeführt werden. Darüber hinaus versucht das Ministerium, eine gerichtliche Nachrichtensperre über den gesamten Prozess durchzusetzen. Es wird erwartet, dass bei der Verfahrenseröffnung zunächst über diese Anträge entschieden wird.