Prozess gegen Kenan Ayaz: Gericht lehnt Befragung von Verfassungsschutz ab

Im Prozess gegen den kurdischen Politiker Kenan Ayaz hat der Staatsschutzsenat am OLG Hamburg den Antrag der Verteidigung auf schriftliche Befragung eines VS-Informanten wegen der „besonderen Gefährlichkeit der PKK“ abgelehnt.

PKK-Verfahren in Hamburg

Im heutigen Verfahren gegen Kenan Ayaz vor dem Hamburger Oberlandesgericht lehnte das Gericht einen weiteren Antrag der Verteidigung ab. Der Verfassungsschutz hatte auf der Basis von Informantenaussagen ein sogenanntes Behördenzeugnis erstellt, das die Mitgliedschaft von Kenan Ayaz in der PKK beweisen soll. Die Verteidigung hatte beantragt, dem Informanten Fragen stellen zu können, notfalls auch schriftlich. Dafür sollte dem Verfassungsschutz ein Fragenkatalog zugestellt werden. Die Richterin Wende-Spohrs sagte, um die Identität des Verfassungsschutzinformanten zu schützen, gebe es eine „Sperrerklärung“. Wegen der „besonderen Gefährlichkeit der PKK“ müsse die Quelle geschützt werden, denn sie solle ja weiter verwendet werden. Langatmig wurde der Beweisantrag abgelehnt.

Kuhn: Politischer Charakter des Prozesses

Der Verteidiger Stephan Kuhn begründete im Anschluss den bereits zu Prozessbeginn gestellten Antrag, das Verfahren einzustellen. Er wies auf die aktuelle völkerrechtswidrige Militäroperation in Südkurdistan hin, die in türkischen Medien „Mutter aller Antiterroraktionen“ benannt wurde. Zehntausende Soldaten seien an der Operation beteiligt. In der Hürriyet sei im Zusammenhang mit dem Treffen Erdogans und des irakischen Präsidenten in Bagdad vom „Todesurteil gegen die PKK“ die Rede gewesen. Parallel seien kurdische Fernsehsender in Brüssel von einer Razzia betroffen gewesen, der französische Staat habe gleichzeitig acht kurdische Aktivisten festgenommen, während die Bundesanwaltschaft von „Verschwörungstheorien der Verteidigung“ in Bezug auf die Verfolgung kurdischer Aktivisten rede.

Von Demokratien müsse doch eigentlich zu erwarten sein, dass sie die Türkei in Bezug auf den Krieg gegen die Kurd:innen zur Mäßigung und zur Einhaltung des Völkerrechts aufrufe, stattdessen koordiniere Europa jedoch offensichtlich ihre Aktionen gegen die kurdische Bewegung mit dem türkischen Staat. Das Menschen- und Völkerrecht werde zugunsten von Machtpolitik aufgegeben, was den politischen Charakter des Prozesses gegen Kenan Ayaz betone.

Die Verteidigung verwies in diesem Zusammenhang erneut auf das Treffen des ehemaligen Generalbundesanwalts Peter Frank mit Erdogan und die türkischen Forderungen in Bezug auf die Strafverfolgung kurdischer Aktivisten innerhalb Europas im Zusammenhang mit den NATO-Beitrittsverhandlungen Schweden und Finnlands. All dies belege die rein machtpolitisch motivierte und damit objektiv willkürliche Strafverfolgung durch das hiesige Verfahren.

Weitere Verhandlungstermine

Die Verhandlung wird am 2. Mai fortgesetzt. Weitere anberaumte Termine sind: 31.5. ab 13 Uhr, 6.6., 19.6. bis 13 Uhr, 27.6., 2.7., 9.7., 11.7., 17.7., 22.7. und 19.8. Der Prozess findet im 1. Stock des OLG Hamburg am Sievekingplatz 3 statt, entweder in Saal 237 oder 288. Die Verhandlungen beginnen in der Regel um 9:30 Uhr.

Postadresse und Spendenkonto

Auf der Seite kenanwatch.org werden Informationen in den Sprachen Griechisch, Englisch und Deutsch über den Prozess und die Proteste auf Zypern und in Deutschland angeboten. Kenan Ayaz freut sich über Post. Briefe können auch in anderen Sprachen als Kurdisch oder Türkisch geschrieben werden, da eine Übersetzung gewährleistet ist. Zu beachten ist die Schreibweise des Behördennamens „Ayas“, damit die Briefe auch zugestellt werden.

Kenan Ayas
Untersuchungshaftanstalt Hamburg
Holstenglacis 3
20355 Hamburg

Spendenkonto:
Rote Hilfe e.V. OG Hamburg
Stichwort: Free Kenan
IBAN: DE06200100200084610203