Proteste nach brutalem Mord an einem Studenten in Antalya

In Antalya ist ein Student von einem Mitarbeiter in einem Wohnheim eines religiösen Ordens geköpft worden. Der brutale Mord treibt die Studierenden in der Türkei auf die Barrikaden.

Nach dem brutalen Mord an einem Studenten in einem Wohnheim einer religiösen Ordensgemeinschaft in Antalya gehen Studierende in der Türkei auf die Barrikaden. Der 18-jährige Mehmet Sami Tuğrul aus Maraş studierte im ersten Semester Informatik an der Akdeniz-Universität und ist am Dienstag in der Kantine des vom Alim-Vereins betriebenen Wohnheims von einem Mitarbeiter geköpft worden. In Istanbul haben Aktivist:innen von Jugendorganisationen heute auf dem Beyazit-Platz dagegen protestiert, dass Studierende aufgrund fehlender Kapazitäten in Studentenwohnheimen in Wohnheimen religiöser Ordensgemeinschaften unterkommen müssen.

Bei der Aktion wurde eine unentgeltliche, angemessene und ortsnahe Unterbringung für Studierende eingefordert. Öffentliche Mittel dürften nicht an Ordensgemeinschaften vergeben werden, sondern müssten den Studierenden zugute kommen. Auf einem Schild wurde den „mafiösen Ordensheimen“ der Kampf angesagt.

Der Mord an Mehmet Sami war kein Einzelfall“

Gözde Ekici gab eine Erklärung im Namen der Jugendorganisationen ab und wies darauf hin, dass nach dem Mord an Mehmet Sami Tuğrul eine Nachrichtensperre verhängt wurde und der Gouverneur von Antalya das Massaker als Verbrechen eines psychisch kranken Einzeltäters dargestellt habe: „Wir wissen jedoch, dass dieser Mord kein Einzelfall war und nicht nur der Mörder mit dem Küchenbeil dafür verantwortlich ist. Wir kennen die Verantwortlichen für den Mord an Mehmet Sami“, sagte die Aktivistin und wies auf weitere Todesfälle in religiösen Wohnheimen hin. Im Oktober wurde der zwölfjährige Mehmet Halit Yavuz im Internat einer Koranschule in Muş ermordet, in einem Wohnheim der Ensar-Stiftung wurden vierzig Fälle von sexualisierten Gewalt an Minderjährigen bekannt.

Der Bildungssektor wird religiösen Orden überlassen“

Betroffen seien immer Kinder aus ärmeren Bevölkerungsschichten, die sich eine andere Bildung und Unterbringung nicht leisten könnten und auf religiöse Stiftungen, Gemeinden und Orden angewiesen seien. Verantwortlich dafür seien „das Palast-Regime und das kapitalistische Ausbeutungssystem“, so Gözde Ekici.

Der Bildungssektor werde seit zwanzig Jahren in einen Kapitalmarkt umgewandelt, zu dem Kinder aus Arbeiterfamilien kaum noch Zugang hätten. Aus diesem Grund würden Kinder bereits im Grundschulalter reaktionären religiösen Orden ausgeliefert: „Mehmet Sami war nur einer von Tausenden unserer Freundinnen und Freunden, die dazu verurteilt sind, in einem Ordensheim unterzukommen. Er hat mit seinem Leben den Preis dafür zahlen müssen, dass der Bildungssektor Orden, Stiftungen und religiösen Gemeinden überlassen worden ist.“