Proteste in Istanbul: Keine Kapitulation

In Istanbul ist gegen die fortgesetzten Massenfestnahmen von Oppositionellen protestiert worden. Die einhellige Botschaft lautete: „Wir kapitulieren nicht, wir gehorchen dem Palast nicht, wir wehren uns, wir lassen uns nicht einschüchtern!"

„Zusammenschließen, mehr werden, den Faschismus zerschlagen!“ - Unter dieser Devise ist in Istanbul gegen die Operation gegen die sozialistische Partei ESP protestiert worden, bei der am Mittwochmorgen Wohnungen durchsucht und 19 Personen festgenommen wurden. Unter den Festgenommenen sind der Parteivorsitzende Şahin Tümüklü und die ETHA-Korrespondentin Pınar Gayıp sowie Mitglieder der Jugendföderation SDGF. Die ESP (Sozialistische Partei der Unterdrückten / Ezilenlerin Sosyalist Partisi) ist eine Mitgliedspartei der HDP (Demokratische Partei der Völker) und vor allem in Istanbul ständig im Visier des türkischen Staates. Vor knapp einem Monat sind 17 Mitglieder in Istanbul wegen Terrorvorwürfen verhaftet worden.

An der Protestaktion vor der Süreyya-Oper in Kadiköy nahmen auch der Istanbuler HDP-Vorsitzende Erdal Avci und viele linke Organisationen teil. Die einhellige Botschaft lautete: „Wir kapitulieren nicht vor der Unterdrückung!“ Umringt von einem hohen Polizeiaufgebot skandierten die Teilnehmenden „Die Repression kann uns nicht einschüchtern“ und riefen zum gemeinsamen Kampf auf.

Wir gehorchen dem Palast nicht“

Die ESP-Vizevorsitzende Beycan Taşkıran sagte in einer Rede, dass Sozialist*innen in der Türkei angegriffen werden, weil sie für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen. Mit der Kriminalisierung werde bezweckt, den vereinigten Kampf zu verhindern. „Das Regime ist in einer Krise, der Kapitalismus ist in einer Krise, der Staat ist in einer Krise, denn sie können nicht regieren. Wir alle kämpfen für eine würdevolle Zukunft. Wir gehorchen dem Palast nicht und wehren uns. Wir sagen Nein zur Kriegspolitik, zu Hetze und Rassismus. Als kurdisches und türkisches Volk, als Werktätige und als Frauen kämpfen wir für eine freie und gleiche Zukunft. Wir sagen, dass wir eine Alternative habe. Wir sind dem Faschismus nicht ausgeliefert. Wir werden uns zusammenschließen, größer werden und unbedingt gewinnen“, so die ESP-Politikerin.

Sich nicht ergeben

Deniz Bahçeci, der zusammen mit der heute festgenommenen Alev Özkiraz die Doppelspitze im Vorstand der Föderation Sozialistischer Jugendvereine (SDGF) bildet, erklärte auf der Kundgebung, dass Aufgeben nicht in Frage kommt. „Es geht nicht darum, ob man in Gefangenschaft gerät. Es geht darum, nicht zu kapitulieren und sich nicht zu ergeben. Wir tragen den Aufstand und die Wut der Jugend auf unseren Schultern und werden weiter für Gerechtigkeit kämpfen. Wir rufen die gesamte Jugend zum gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus auf. Wir werden uns zusammen organisieren und gewinnen.“

Jetzt ist die AKP-Regierung an der Reihe“

Erdal Avci, Ko-Vorsitzender des Istanbuler HDP-Verbands, wies in einer Ansprache darauf hin, dass die AKP/MHP-Regierung mit den immer neuen Festnahme-Operationen die gesamte Opposition zum Schweigen bringen und zurückdrängen will, um sich an der Macht zu halten. Diese Methode werde jedoch nicht den gewünschten Erfolg haben, das habe sich in der Vergangenheit bereits in der Türkei, in Kurdistan, im Mittleren Osten oder auch in Chile und Argentinien gezeigt. „Nirgendwo ist der Faschismus für die Ewigkeit, das wissen AKP und MHP genau. Sie mühen sich in der Hoffnung ab, ihre Lebensdauer noch ein bisschen zu verlängern. Sie werden jedoch auf dem Müllhaufen der Geschichte landen. Nehmt uns fest, verhaftet uns soviel ihr wollt, wir werden trotzdem weiter kämpfen. Wenn man sich durch tagtägliche Operationen an der Macht halten könnte, wären frühere Regierungen nicht gestürzt worden. Jetzt seid ihr an der Reihe.“ Die HDP stehe hinter den Worten, die der ESP-Vorsitzende Şahin Tümüklü am Vormittag bei seiner Festnahme gerufen hatte: „Wir kapitulieren nicht vor der Unterdrückung!“