Aufruf an Ankara zu politischen Reformen
Die kurdische Freundschaftsgruppe im Europäischen Parlament hat die Entscheidung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), ihre organisatorischen Strukturen aufzulösen und den bewaffneten Kampf zu beenden, als „bedeutenden historischen Schritt“ begrüßt. In einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme spricht die Gruppe von einem „Ende einer Epoche“ – zugleich aber auch vom „Beginn eines neuen, demokratischen Kampfes für Frieden“.
Reformen: Rechtsstaatlichkeit, Freilassung politischer Gefangener
In ihrer Erklärung appellieren die Europa-Abgeordneten eindringlich an die türkische Regierung, diese Entwicklung als Chance für einen langfristigen und inklusiven Friedensprozess zu begreifen. Dies wäre im Interesse sowohl der kurdischen als auch der türkischen Bevölkerung.
Die Arbeitsgruppe fordert insbesondere rechtliche und politische Reformen, um den Weg für eine friedliche Lösung zu ebnen. „Grundlegende Freiheitsrechte müssen gesichert werden, um politische Differenzen demokratisch lösen zu können“, heißt es in der Mitteilung. Als ersten Schritt müsse die Türkei alle politischen Gefangenen freilassen und den politischen Druck auf die Justiz beenden.
Zugleich warnen die Abgeordneten davor, den Friedensprozess parteipolitisch zu vereinnahmen oder zum Zweck kurzfristiger Machtinteressen zu instrumentalisieren. „Der Weg zum Frieden darf nicht in den Händen einzelner politischer Kräfte monopolisiert werden“, so der Appell.
Türkisches Parlament soll Verantwortung übernehmen
Angesichts der angespannten innenpolitischen Lage in der Türkei betonen die Abgeordneten, dass der Friedensprozess nur durch eine breite parlamentarische Beteiligung legitimiert werden könne. Das türkische Parlament müsse deshalb vollständig eingebunden werden, um den Grundstein für eine neue, demokratische und friedliche Gesellschaft zu legen.
Kritik an anhaltenden Militäraktionen
Die Arbeitsgruppe erinnert daran, dass der jüngste PKK-Kongress unter schwierigen Bedingungen stattfand – trotz eines von der Organisation erklärten Waffenstillstands hätten Angriffe der türkischen Armee auf Stellungen in den Bergen weiter angedauert. Die Abgeordneten rufen Ankara daher dazu auf, „alle militärischen Operationen zu stoppen“ und die nötigen Sicherheitsgarantien und Mechanismen für einen glaubwürdigen Friedensprozess zu schaffen. Sie fordern zudem den Rückzug der türkischen Streitkräfte aus den Gebieten der Kurdistan-Region des Irak (KRI) und die sichere Rückkehr vertriebener Dorfbewohner:innen in ihre Heimatregionen.
Nordostsyrien: Keine Rechtfertigung mehr für Interventionen
Auch mit Blick auf Syrien nehmen die EU-Abgeordneten Stellung: Ankara habe in der Vergangenheit vermeintliche Verbindungen zwischen der PKK und der Demokratischen Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) als Vorwand für Angriffe, Invasionen und Besetzungen genutzt. Nun, da sich die PKK organisatorisch auflöst, entfalle diese Begründung. Die Arbeitsgruppe fordert ein Ende der türkischen Militärpräsenz in der Region und betont, dass die Autonomieverwaltung „zu keinem Zeitpunkt eine reale Bedrohung für die Türkei dargestellt hat“.
Appell an europäische Institutionen
Abschließend richtet die Arbeitsgruppe einen Appell an die Organe der Europäischen Union: Diese müssten ihre politischen und diplomatischen Möglichkeiten nutzen, um diesen historischen Moment innerhalb der Türkei und darüber hinaus zu einem Ausgangspunkt für eine echte demokratische Transformation zu machen.