Protest gegen „Multi-Anwaltskammergesetz“ in Istanbul

In Istanbul haben Anwältinnen und Anwälte gegen das Gesetzesvorhaben zur Änderung der Anwaltskammer-Regelung protestiert. Mit dem neuen Gesetz will die türkische Regierung das gesamte Justizsystem auf Linie bringen.

Vor der Themis-Statur am Justizgebäude im Istanbuler Stadtteil Çağlayan haben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gegen das Gesetzesvorhaben zur Neuregelung der Anwaltskammern in der Türkei protestiert. Der Gesetzentwurf hat am Dienstag den Justizausschuss im türkischen Parlament passiert und soll heute in die Nationalversammlung eingebracht werden.

Die Istanbuler Anwält*innen kritisierten, dass die Neuregelung das Recht auf Verteidigung und die Funktion der Anwaltskammern zunichtemacht und die Regierung Anwaltskammern aus ihrer eigenen Anhängerschaft installieren will. An der Protestaktion gegen den „Multi-Anwaltskammer-Putsch“ nahm unter anderem die Vizepräsidentin der Istanbuler Kammer, Nazan Moroğlu, teil. Der Protest soll um 19 Uhr vor der Anwaltskammer fortgesetzt werden.

Der von der türkischen Regierung eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, dass alternativ zu den bestehenden Anwaltskammern in den 81 Provinzen der Türkei neue Kammern gegründet werden können. Damit soll das Monopol der Anwaltskammer gebrochen und nach den Gerichten und Staatsanwaltschaften auch die Verteidigung auf AKP/MHP-Linie gebracht werden. Bisher stellen Erdoğan-kritische Anwältinnen und Anwälte in allen Kammern die Mehrheit.

Gegen die geplante Neuregelung protestieren die Anwaltskammern seit Wochen. Im Juni fand ein Sternmarsch auf Ankara statt, der von der Polizei gewaltsam gestoppt wurde.