Baskischer Anwalt Urko Aiartza Azurtza
Das Ständige Volkstribunal (PPT) hält seine aktuelle Sitzung am 5. und 6. Februar an der Freien Universität Brüssel. Es untersucht Verbrechen gegen das Internationale Recht durch die Türkei und mit ihr verbündete dschihadistische Gruppen in Nord- und Ostsyrien in den Jahren 2018 bis 2024.
Neben Jurist:innen und Menschrechtler:innen nehmen auch Opfer und Augenzeug:innen von Angriffen aus verschiedenen Ländern teil. Der türkische Staat ist nicht anwesend, um sich zu verteidigen, obwohl zuvor eine Einladung erfolgt war.
Eröffnung und erste Fälle
Gerrit Loots Rede eröffnete gestern das „Permanent People’s Tribunal“, woraufhin eine Einordnung der türkischen Verbrechen in Kriegsstrategien gegen das kurdische Volk durch die Anklage:vertreter:innen Jan Fermon und Ceren Uysal folgte. Der Ermittler der Staatsanwaltschaft, Efstathios C. Efstathiou, stellte dann den ersten Fall, die türkischen Kriegsverbrechen in Efrîn, vor. Er konzentrierte sich vor allem auf die „Vertreibung der Bevölkerung und ‚ethnisches Engineering‘“. Der zweite Fall, die gezielten Angriffe auf Zivilbevölkerung in Tel Rifat 2019, wurde von der Rechtsanwältin Rengin Ergül dargelegt. Neben Foto- und Videobeweisen zählt auch eine UN-Erklärung zu den Belegen der Kriegsverbrechen.
Besetzung von Girê Spî und Serêkaniyê
Der Nachmittag vor dem Volksgerichtshof begann sodann mit dem Vortrag des baskischen Anwalts Urko Aiartza Azurtza zum Thema „Bombardierung und anschließende Besetzung der Dörfer Tal Abyad (Girê Spî) und Ras al- Ayn (Serê Kaniyê) während der Operation Friedensfrühling: Einsatz von weißem Phosphor und Besetzung, Vertreibung sowie ethnisches Engineering“.
„138.000 Menschen evakuiert“
Der Jurist sagte: „Am 9. Oktober 2019 begannen türkische Artillerie- und Luftangriffe auf die Regionen Serêkaniyê und Tall Abyad, was Panik und Unruhe in der Bevölkerung auslöste und zur Flucht von Zivilbevölkerung führte. Am selben Tag begannen die türkischen Streitkräfte und die mit ihnen verbündeten bewaffneten syrischen Gruppierungen mit ihrem Vormarsch. Die anhaltende Zwangsvertreibung führte dazu, dass allein aus den Gebieten Serêkaniyê und Tall Abyad rund 138.000 Menschen evakuiert wurden.
„Zahlreiche Beweise für Einsatz geächteter Waffen“
Während der jüngsten Militäroperation der türkischen Streitkräfte sind zahlreiche Beweise aufgetaucht, die auf den Einsatz von international geächteten Waffen hindeuten. Berichte aus medizinischen Einrichtungen und Berichte von Augenzeug:innen haben zahlreiche Verletzungen dokumentiert, die auf den Einsatz verbotener Munition zurückzuführen sind, was die Behauptung von Verstößen gegen das Völkerrecht weiter untermauert. Medizinische Berichte aus örtlichen Krankenhäusern, in denen Opfer der Militäroperation behandelt wurden, wiesen durchweg auf Verletzungen hin, die durch verbotene Waffen verursacht wurden.
Weißer Phosphor und Brandbomben
Insbesondere die Art der Verbrennungen und Traumata, die die Opfer erlitten haben, stimmen mit den Auswirkungen von Waffen wie weißem Phosphor oder Brandbomben überein, die aufgrund ihrer schwerwiegenden und wahllosen Auswirkungen auf Zivilpersonen und Kämpfer:innen gleichermaßen nach verschiedenen internationalen Verträgen verboten sind.“
Veranstalter:innen
Veranstaltet wird das Tribunal von folgenden Organisationen: Committee of Justice and Law, Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Center for Research and Protection of Women’s Rights, Menschenrechtsorganisation aus Cizîrê und Efrîn, MAF-DAD e.V., ELDH, IADL, KNK, Kurdisches Institut Brüssel, Vrije Universiteit Brussel
Livestream
Das Tribunal wird auf YouTube live übertragen: https://www.youtube.com/live/H_7oBEVpjqI