PPT Rojava vs. Türkei: Kriegsverbrechen in Efrîn

Das Ständige Volkstribunal tagt derzeit in Brüssel. Es untersucht die türkischen Angriffe auf Rojava zwischen 2018 und 2024 und stellt diese in einem breiten und dokumentierten Format zur Überprüfung. Ein Schwerpunkt waren Kriegsverbrechen in Efrîn.

Volkstribunal in Brüssel

Das Ständige Volkstribunal (PPT) Rojava gegen die Türkei wurde am gestrigen Mittwoch in Brüssel eröffnet und endet nach dem heutigen Donnerstag. In der aktuellen Sitzung des „Permanent People’s Tribunal“ in Brüssel werden Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Türkei und mit ihr verbündete dschihadistische Gruppen in Nord- und Ostsyrien zwischen 2018 und 2024 zur Anklage gebracht.

An dem Tribunal im Hörsaal der Freien Universität Brüssel nehmen Rechtsanwält:innen und Menschenrechtsaktivist:innen sowie Opfer und Augenzeug:innen von Angriffen aus verschiedenen Ländern teil. Obwohl der türkische Staat eingeladen war, seine Verteidigung zu präsentieren, war keine Vertretung anwesend.

Wasser als Kriegsinstrument

Nach der Eröffnungsrede der zweitägigen Sitzung durch Gerrit Loots folgten Reden des Anwalts Jan Fermon und der Anwältin Ceren Uysal vom Team der Anklage, die darauf hinwiesen, wie wichtig es sei, die von der Türkei begangenen Verbrechen richtig zu formulieren. Beispielsweise hoben sie dabei die Kontrolle und Nutzung von Wasser als „strategisches Instrument für den Krieg gegen die Kurd:innen“ hervor.

„Bevölkerungsmanagement sollte kurdische Identität zerstören“

Der Ermittler der Staatsanwaltschaft, Efstathios C. Efstathiou, stellte den Fall „Vertreibung der Bevölkerung und ‚ethnisches Engineering‘ in Efrîn“ vor: „Im Fall von Efrîn geht es um die Zwangsvertreibung von Zivilist:innen aus verschiedenen Dörfern im Jahr 2018, gefolgt von der strategischen Ansiedlung von Familien aus dem Umland von Damaskus, insbesondere aus Ghouta. Diese Umsiedlungsinitiative beinhaltete die Änderung von Straßennamen, Schaufenstern, Straßenschildern und anderen Infrastrukturelementen. In dem Bericht wird detailliert beschrieben, wie die Besatzungstruppen Grundstücke plünderten und die Umsiedlung sunnitisch-arabischer Familien aus Ost-Ghouta in die Häuser vertriebener Kurd:innen als Teil eines umfassenderen Plans zur Veränderung der demografischen Zusammensetzung der Region orchestrierten. Dieses Bevölkerungsmanagement, das als Strategie des türkischen Geheimdienstes beschrieben wird, zielte darauf ab, die kurdische Präsenz in der Region auszulöschen und ihre kurdische Identität zu zerstören.

120.000 Vertriebene

In der Folgezeit führte die von der Türkei unterstützte ‚Syrische Nationalarmee‘ Bombardierungen und Beschuss durch, was im Dezember 2024 zu Zusammenstößen mit den Kräften des Militärrats von Minbic führte. Dies führte zur Vertreibung von Tausenden von Familien, wobei ein erheblicher Zustrom in das Gebiet von Tabqa, insbesondere aus Şehba, zu verzeichnen war. Die geschätzte Gesamtzahl der Vertriebenen belief sich auf 120.000, die sich demografisch zu 40 Prozent aus Kindern, 40 Prozent aus Frauen und der Rest aus jungen Männern und älteren Menschen zusammensetzt. Darüber hinaus dokumentiert der Fall die Zwangsrückführung von Flüchtlingen in Efrîn, was zum demografischen Wandel in der Region beiträgt. Der Bericht enthält Statistiken zu den Unterkünften in Tabqa und hebt die Grundbedürfnisse der vertriebenen Bevölkerung hervor, um das Ausmaß der durch diese Aktionen verursachten Schäden zu verdeutlichen.“

Veranstalter:innen

Veranstaltet wird das Tribunal von folgenden Organisationen: Committee of Justice and Law, Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES), Center for Research and Protection of Women’s Rights, Menschenrechtsorganisation aus Cizîrê und Efrîn, MAF-DAD e.V., ELDH, IADL, KNK, Kurdisches Institut Brüssel, Vrije Universiteit Brussel

Livestream

Das Tribunal wird auf YouTube live übertragen: https://www.youtube.com/live/H_7oBEVpjqI