Paylan: Innenminister stellt Gefahr für inneren Frieden dar
Der HDP-Abgeordnete Garo Paylan hat erklärt, Innenminister Soylu stelle die größte Gefahr für den inneren Frieden in der Türkei dar.
Der HDP-Abgeordnete Garo Paylan hat erklärt, Innenminister Soylu stelle die größte Gefahr für den inneren Frieden in der Türkei dar.
Der armenische Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) Garo Paylan hat während der andauernden Haushaltsverhandlungen im Parlament mit der türkischen Innenpolitik abgerechnet. Paylan erklärte, in der Türkei herrsche eine große Hoffnungslosigkeit, und sagte: „Schaut auf die Straßen, ihr könnt keinen Menschen sehen, der noch lächelt. Ein Teil der Gesellschaft applaudiert dem Innenminister bei seinem Tun. Ein anderer Teil fragt, ‚warum unterdrückt mich dieser Staat?'‘“
Die Ausgaben für das Innenresort wurden in den vergangenen drei Jahren um 150 Prozent erhöht. Paylan kommentierte dies mit den Worten: „Es gibt Väter, die sich selbst töten, weil sie ihrem Kind nicht einmal eine Hose kaufen können. Es gibt Bauern, die ihr Land nicht mehr bearbeiten können. Es gibt Beamte, die ihren Kindern kein Taschengeld zahlen können. Schauen Sie, wir konnten die Stipendien für Studierende um sechs Prozent erhöhen. Für diese jungen Menschen ist jede Lira sehr wertvoll. Aber wir geben Milliarden für Waffen aus.“
Innenminister spricht nur vom Auslöschen
Der Abgeordnete fragte: „Was aber ist die Lösung?“ und fuhr fort: „Der Herr Minister hat heute davon geredet ‚So haben wir sie [„Terroristen“] getroffen, so haben wir sie aufgehängt‘. Hat dieser Minister in seinem Beitrag auch nur ein einziges Wort auf die Menschenrechte, die Freiheitsrechte, die Verfassung verwendet? Nein. Warum nicht? Es wurde immer wieder nur vom Auslöschen geredet.“
Paylan antwortete auf die Drohungen Soylus gegen den HDP-Vorsitz mit den Worten: „Wir sind die drittstärkste Partei in der Türkei. Der Innenminister ruft die Ko-Vorsitzende der drittgrößten Partei an und bedroht sie. Von einem demokratischen Land müssen wir erst gar nicht reden, aber wie lässt sich das denn zumindest mit einem Rechtsstaat vereinbaren?“
Gewaltsames Vorgehen gegen Samstagsmütter
Paylan brachte auch das gewaltsame Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen die Istanbuler Samstagsmütter zur Sprache. Seit im August die 700. Mahnwache von Angehörigen der „Verschwundenen“, die in den 1980er und 1990er Jahren gewaltsam von staatlichen Kräften verschleppt wurden, auf Anweisung des Innenministers mit brutaler Polizeigewalt aufgelöst wurde, reißt die Repression gegen die Samstagsmütter nicht ab. Jede Woche kommt es zu gewalttätigen Übergriffen auf die Hinterbliebenen der Verschwundenen, die von Soylu wegen angeblichen Verbindungen zu „Terrororganisationen“ kriminalisiert werden.
„Die größte Bedrohung für den inneren Frieden in unserem Land ist die Haltung des Innenministers. Die Samstagsmütter über den Boden zu schleifen, die Türen der Arbeiter vom dritten Flughafen einzuschlagen und sie zu inhaftieren, das ist die größte Bedrohung“, sagte Paylan. Für die von der türkischen Regierung gelobten Treuhänder, die an Stelle demokratisch gewählter Oppositionspolitiker vor allem in kurdischen Städten eingesetzt wurden, hatte der Abgeordnete ebenfalls einige Worte übrig. Paylan sagte: „Die AKP hat bei ihrer Gründung Dezentralisierung verteidigt. Sie hat von einer Stärkung lokaler Demokratie geredet. Was ist passiert? Sie hat sich der Politik der Treuhänder zugewandt.“
Staatlicher Treuhänder ließ WC über armenischem Friedhof errichten
Anschließend ging Paylan darauf ein, dass der Treuhänder von Wan eine öffentliche Toilette auf armenischen Gräbern errichten ließ. Der in Ertemêtan (armenisch: Artamed, türkisch: Edremit) eingesetzte Treuhänder Atıf Çiçekli ließ auf einer archäologischen Fundstelle unter Denkmalschutz in der Ortschaft Xorkom (armenisch: Khorkom, türkisch: Dilkaya) einen armenischen Friedhof mit einer öffentlichen Toilette, Umkleidekabinen und einem Parkplatz überbauen. Paylan sagte, dies sei in keinerlei Weise mit dem Gewissen vereinbar. „Diese Toilette wurde auf den Knochen von Menschen errichtet“, so der Politiker.
Auch Hitler ließ Autobahnen bauen
„Straßen bauen, Schulen bauen, Krankenhäuser zu errichten, ist die Aufgabe eines Staates. Hitler ließ die größten Autobahnen bauen und hat die Welt in Blut ertränkt. Solange wir uns nicht auf einem demokratisch-friedlichen Weg bewegen, wird es keinen Ausweg aus dieser Situation geben.“
Paylan schloss mit den Worten: „Erdoğan hat eine gewisse Zeit lang Davutoğlu nach vorne geholt. Er wollte in der Umayyaden-Moschee beten, aber Erdoğan hat nun alles Schlechte auf Davutoğlu geschoben. Heute wird der Name des Innenministers in den Vordergrund gespielt, aber ich bin mir sicher, er wird eines Tages ebenfalls auf der Strecke bleiben und keiner wird später wohlwollend über ihn sprechen.“