Anlass der Kundgebung in der Nürnberger Innenstadt war der Hungerstreik der inhaftierten PKK- und PAJK-Gefangenen, der am 27. November begann, wie ein Sprecher erläuterte. Überall, wo die kurdische Bewegung aktiv ist, finden zur Zeit Solidaritätsaktionen statt, um den Widerstand auch außerhalb der Haftanstalten zu unterstützen. Der Protest richtet sich gegen politische Justiz und das System der Isolation. Misshandlungen und Folter sind in türkischen Gefängnissen an der Tagesordnung, durch die Pandemie findet eine Gesundheitsversorgung praktisch nicht mehr statt. Der türkische Staat lässt die Inhaftierten einfach sterben.
Aber die Forderungen der Hungerstreikenden gehen über die Verbesserung der persönlichen Haftsituation hinaus. Als politische Gefangene wissen sie, dass die Lage in den Gefängnissen ein Spiegel der gesellschaftlichen Realität ist. Die Brutalität des türkischen Faschismus des AKP/MHP-Regimes könne nur durch kollektiven Widerstand einer breiten antifaschistischen Bewegung überwunden werden, wie ein Redner deutlich machte. Die Gefangenen verweisen auf Abdullah Öcalan, den Begründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der wiederholt Vorschläge zu einer demokratischen Neuorientierung unterbreitet hat. In einem kurzen Zeitfenster konnte Öcalan mit dem türkischen Staat einen Dialog führen, ehe Recep Tayyip Erdogan es bevorzugte, erneut einen Kriegskurs einzuschlagen. Seitdem werden Angebote zu Verhandlungen ignoriert und die Stimme des Friedens isoliert. Zu gefährlich sind Öcalans Ideen für die Machthaber im Palast von Ankara. Seitdem füllen sich die türkischen Gefängnisse mit politischen Gefangenen. Sie setzen ihren Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung kollektiv fort, weil sie wissen: Frieden und Demokratie in der Türkei und im gesamten Mittleren Osten sind nur mit Abdullah Öcalan möglich. Sie fordern eine Aufhebung der tödlichen Isolation, die nicht nur den Vordenker der Freiheitsbewegung auf Imrali betrifft, sondern alle demokratischen Kräfte erfassen will.
Der Wunsch nach Freiheit darf nicht verboten werden
Symbolisch haben kurdische Jugendliche heute in Nürnberg mit einer Performance die alltägliche Repression in der Türkei nachgespielt. Einige trugen Plakate mit Aufschriften wie sie immer wieder von Istanbul bis Amed gezeigt werden: „Der Wunsch nach Freiheit darf nicht verboten werden“ oder „Pressefreiheit ist ein Grundrecht.“ Dann kam die „Polizei“, sperrte die Protestierenden ein, schlug und misshandelte sie. Am Ende gab es im Theaterstück einen hoffnungsvollen Ausblick: „Das Volk“ solidarisierte sich mit den Gefangenen, schirmte das „Gefängnis“ gegenüber den Schergen des Staates ab und befreite schließlich die Eingesperrten. Mit Rufen wie „Bijî Serok Apo“, “Berxwedana zindana” und „Freiheit für Öcalan“ endete die Performance der Jugendlichen.
IL: Solidarität mit den politischen Gefangenen
Zum Abschluss der Kundgebung prangerte die Interventionistische Linke (il) in einem Redebeitrag die deutsche Außenpolitik an. Während Außenminister Heiko Maas (SPD) bei seinem Türkeibesuch in Erdogans Charme-Offensive nicht die durchsichtige Anbiederung an den Westen erkennen will, sondern festhält am Hofieren der Diktatur in Ankara, wird derzeit für ein verständliches, aber dennoch billiges Putin-Bashing ein Nationalist wie Nawalny als „Widerstandskämpfer“ hochstilisiert. Die deutsche Politik und mit ihr die meisten Medien ignorieren die Widerstandsbewegung in der Türkei oder erklären sie schlicht als „terroristisch“ und spielen damit Erdogan in die Hände.
Mit der Forderung nach Freilassung aller politischen Gefangenen erklärte sich die iL solidarisch mit den Hungerstreikenden und schloss sich dem Ruf nach Freiheit für Abdullah Öcalan an. Neben der iL nahmen an der Kundgebung auch Vertreter*innen von AGIF und Partizan sowie zahlreiche solidarische Einzelpersonen teil.