Fast 17 Jahre nach dem Feuertod von Oury Jalloh im Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle sieht eine private Aufklärungsinitiative neue Belege dafür, dass der Geflüchtete aus dem westafrikanischen Sierra Leone ermordet worden ist. Das geht nach Angaben der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ aus einem neuen Gutachten eines britischen Brandexperten hervor, das am Mittwoch in einer Pressekonferenz vorgestellt wurde.
Das neue Brandgutachten basiert auf Brandversuchen zur Rekonstruktion des Tatortes in einem originalgetreuen Nachbau der Zelle 5 des Polizeireviers Dessau. Der Brandsachverständige Iain Peck kommt darin zu dem Ergebnis, dass der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh von Polizeibeamten mit einer entzündlichen Flüssigkeit übergossen und angezündet worden sein muss. Im Vorfeld durchgeführte Bewegungsversuche einer gleichermaßen fixierten Person auf einer Matratze in Originalgröße hätten darüber hinaus gezeigt, dass Oury Jalloh weder den Bewegungsspielraum noch andere Möglichkeiten hatte, die Matratze selbst anzuzünden, heißt es in einer Mitteilung der Initiative.
Die Familie Oury Jallohs fordert nun die sofortige Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Mordes gegen mehrere Polizeibeamten des Dessauer Reviers. Sie stellt gleichzeitig Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die für die Einstellung der Mordermittlungen zuständigen Oberstaatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg. „Wir sind nicht in der Lage, die Staatsanwaltschaft zu etwas zu zwingen. Wir hoffen auf die Öffentlichkeit und den öffentlichen Druck“, sagte Nadine Saeed von der Initiative.
Verbrannt auf schwer entflammbarer Matratze in gefliester Arrestzelle
Am Abend des 7. Januar 2005 soll sich Oury Jalloh laut Polizeiangaben in einer gefliesten Arrestzelle im Keller des Dienstgebäudes Wolfgangstraße 25 des Polizeireviers Dessau-Roßlau selbst angezündet haben. Polizeibeamte hatten ihn auf eine schwer entflammbare Matratze an Händen und Füßen fest gekettet. Unmittelbar nach seinem Tod in der Gewahrsamszelle Nr. 5 gründete sich die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und hat die Ermittlungen von Anfang an durch eigene gutachterliche Untersuchungen begleitet, um die wahren Umstände, wie Oury Jalloh ums Leben kam, an die Öffentlichkeit zu bringen. Ein letztes Ermittlungsverfahren war von der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg 2018 eingestellt worden. Nach Auffassung der Behörde gibt es für die Brandbeschleuniger-These bislang keine Belege. Sollten neue Beweismittel auftauchen, könnten die Ermittlungen aber wieder aufgenommen werden, sagte ein Sprecher.