Neue Doppelspitze der HEDEP gewählt

Die sich auf ihrem Kongress in Ankara in HEDEP umbenannte Grüne Linkspartei hat ihre neuen Ko-Vorsitzenden gewählt. Die genderparitätische Doppelspitze der Partei besteht nun aus Tülay Hatimoğulları Oruç und Tuncer Bakırhan.

Die sich auf ihrem Kongress in Ankara am Sonntag in Partei der Völker für Gleichberechtigung und Demokratie (Halkların Eşitlik ve Demokrasi Partisi, HEDEP) umbenannte Grüne Linkspartei (YSP) hat ihre neuen Ko-Vorsitzenden gewählt. Fortan besteht die genderparitätische Doppelspitze der Partei aus Tülay Hatimoğulları Oruç und Tuncer Bakırhan. Auch der aus achtzig Mitgliedern bestehende Parteirat ist neu besetzt worden, ebenso wurden die Mitglieder der Disziplinar- und Schlichtungsausschüsse bestimmt.

Tülay Hatimoğulları Oruç

Tülay Hatimoğulları Oruç wurde 1977 in Samandağ in der südlichsten Provinz Hatay geboren. Die studierte Ökonomin entstammt einer alawitischen Familie und ist seit ihrer Schulzeit politisch aktiv. Während ihres Studiums an der Anadolu-Universität in Eskişehir engagierte sie sich für Kampagnen zur Wiederauflebung der arabischen Sprache und Kultur in den Siedlungsgebieten der alawitischen Gemeinschaft. Sie zählt zu den Mitbegründer:innen des Çağdaş Sanat Atölyesi (Werkstatt für zeitgenössische Kunst), das seit 1995 als erste Adresse für arabischsprachigen Unterricht in Theater und Musik gilt, und wirkte am Aufbau des 2015 gegründeten Forschungsinstituts für arabische Völker im Mittleren Osten mit.

Tülay Hatimoğulları Oruç | Foto: YSP

Auch in der feministischen Bewegung ist Tülay Hatimoğulları Oruç seit jeher aktiv. 2000 war sie an der Gründung der Istanbuler Frauenakademie Amargi beteiligt, die mit ihren „Projekten zum Zusammentreffen der Frauen“ zur Aufnahme von Beziehungen der Frauenorganisationen, die organisatorisch aus der kurdischen Frauenbewegung in der Türkei entstanden sind, mit anderen feministischen Organisationen im Land maßgeblich beigetragen hat. In den folgenden Jahren arbeitete sie auch für den „Friedensrat Türkei“, eine zivile Initiative, die sich für eine politische Lösung der kurdischen Frage einsetzte.

Politisch steht Tülay Hatimoğulları Oruç in der Tradition der sozialistischen Linken. 2011 war sie Delegierte bei der Gründung des HDK (Demokratischer Kongress der Völker), das Organisierungsgremium hunderter Gruppen und politisch Handelnden, aus dem die HDP (Demokratische Partei der Völker) 2012 hervorgegangen ist. Sie ist Mitbegründerin der Partei des sozialistischen Wiederaufbaus (SYKP), die eine Komponente der HDP ist, und war zwischen 2016 und 2018 deren Ko-Vorsitzende. 2018 legte sie dieses Amt nieder, nachdem sie als Kandidatin der HDP mit dem Wahlkreis Adana in die türkische Nationalversammlung gewählt wurde. Bei der Parlamentswahl im vergangenen Mai wurde sie erneut ins Parlament gewählt, diesmal für die YSP. Sie ist Verantwortliche der Parteikommission für Völker und Glaubensgemeinschaften.

Tuncer Bakırhan

Tuncer Bakırhan ist Kurde. Er wurde 1970 in Qers (tr. Kars) geboren und schloss an der Uludağ-Universität in Bursa ein Studium der Wirtschaftswissenschaften ab. Politisiert wurde er im Zuge der staatlichen Unterdrückung in Kurdistan. Erstmals aktiv in der kurdischen Politik war er bereits als Neunzehnjähriger - auf kommunaler Ebene für die 1990 gegründete Arbeitspartei des Volkes (HEP). Die HEP ist die Urpartei, deren Nachfolge die HDP und auch die HEDEP heute vertritt. 1991 gelang es ihr, bei den Parlamentswahlen über eine gemeinsame Liste mit der „Sozialdemokratischen Volkspartei“ (SHP) 22 kurdische Abgeordneten ins Parlament zu entsenden. Die HEP war jedoch von Anfang an schweren Angriffen ausgesetzt. Kaum gegründet, setzte eine Welle von Terroranschlägen gegen die Partei und ihre Mitglieder in Nordkurdistan ein. Die Täter: Todesschwadronen des türkischen Staates. 1992 wurde die HEP verboten.

Tuncer Bakırhan | Foto: YSP

Auch mehrere Nachfolgeparteien der HEP, unter anderem die Demokratiepartei (DEP), wurden verboten. 1994 wurde die Partei der Demokratie des Volkes (HADEP) gegründet. Tuncer Bakırhan führte den Provinzverband in Qers an, bis auch diese Partei verboten wurde. Bei der Parlamentswahl 2002 kandidierte er für die Nachfolgerin DEHAP. Zwar gewann er die meisten Stimmen, für einen Sitz in der Nationalversammlung reichte es am Ende aber nicht, da die DEHAP an der landesweit gültigen Wahlhürde von zehn Prozent scheiterte. In der Folge übernahm Bakırkan den Posten des Parteivorsitzenden. 2005 gab er das Amt ab, nachdem sich die DEHAP auflöste und beschloss, der Partei der Demokratischen Gesellschaft (DTP) beizutreten.

Tuncer Bakırhan saß mehrere Jahre im Gefängnis, erstmals während der sogenannten KCK-Operationen 2013. Im nachfolgenden Jahr wurde er für die Partei des Friedens und der Demokratie (BDP), die nach dem Verbot der DTP gegründet wurde, zum Bürgermeister seiner Geburtsstadt Sêrt gewählt. Im November 2016 wurde er auf Anordnung des Innenministeriums des Amtes enthoben und zusammen mit zahlreichen weiteren Politiker:innen, darunter auch die ehemaligen Vorsitzenden der HDP, Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, wegen Terrorvorwürfen verhaftet. Knapp drei Jahre verbrachte er in Untersuchungshaft – zu Unrecht, wie der europäische Menschenrechtsgerichtshof 2021 entschied und die Türkei zu einer Entschädigungszahlung verurteilte, weil die Vorwürfe gegen Bakırhan eindeutig politischer Natur gewesen sind. Die türkische Justiz hatte ihn in der Zwischenzeit wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK zu knapp elf Jahren Gefängnis verurteilt. Seit Mai sitzt Bakırhan als Abgeordneter im türkischen Parlament.

Parteirat der HEDEP

In den Parteirat der HEDEP wählten die Delegierten in Ankara heute: Aysel Batyar Önsel, Bahattin Karaman, Hülya Kavuk, Öztürk Türkdoğan, Berdan Öztürk, İbrahim Akın, Perihan Pakize Sinemillioğlu, Berkat Kar, İdil Uğurlu, Recep Demirci, Beybün Aslan, İlknur Birol, Sami Evren, Beyza Zeyno Bayramoğlu, Kemal Bülbül, Selçuk Odabaşı, Burcugül Çubuk, Kerem Fırtına, Selda İlgöz Kocayiğit, Bülent Uyguner, Livan Orman, Sema Koç, Cabbar Leygara, Lütfü Kaya, Semiha Şahin, Canan Çalağan, Mahfuz Güleryüz, Semra Kıratlı, Canan Kebenç Özkan, Mediha Yüksel, Senem Eriş, Cemile Turhallı Balsak, Mehmed Ali Yavuz, Serhat Eren, Derya Arslan, Mehmet Bozgeyik, Servin Kararkoç, Diyadin Fırat, Mehmet Rüştü Tiryaki, Several Ballıkaya Çelik, Ebrü Günay, Mehmet Saltoğlu, Sevtap Akdağ Karahalı, Edanur İbrahimoğlu, Melis Emine Tantan, Sezai Temelli, Elif Bulut, Metin Kılıç, Sinem Seven, Emirali Türkmen, Muhammed Ayten, Şakire Şeyda Ataş, Ender İmrek, Murat Gökdağ, Tayip Temel, Evgil Türker, Murad Mıhçı, Tülay Korkutan, Fatma Çelik, Musa Piroğlu, Umut Vedat Açar, Fatma Koçyiğit Öner, Naciye İskender, Ümit Küçükbayatlılı, Funda Buyruk, Nevroz Şanlı, Ünal Yusufoğlu, Haci Erdemir, Nuray Özdoğan, Vedat Çınar Altan, Halime Bayram, Onur Hamzaoğlu, Vezir Coşkun Parlak, Hatice Betül Çelebi, Ömer Görünmek, Yüksel Mutlu, Hatice Doğan, Hülya Ateş, Özlem Gündüz und Özcan Teker.

Mitglieder der Disziplinar- und Schlichtungsausschüsse

Die Mitglieder des Disziplinarausschusses sind: Cumhur Ege, Garip Kandemir, Zeynep Nilgün Salmaner, Emine Akyazılı, Hüseyin Gözen, Eylem Arzu Kayaoğlu und Tülay Kılınç. Für den Schlichtungsausschuss sind fortan zuständig Aylin Hacaloğlu, Ayşe Erdem, Nevzat Onuk, Ayşe Elif Ela Hasanoğlu und Mehmet Salih Yıldız.