Nach der Verbüßung einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe hat der kurdische Aktivist Mustafa C. (Amed) am 3. August die JVA Bremen verlassen. In Freiheit ist er jedoch nicht, teilt der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mit: Das Hanseatische Oberlandesgericht hatte in seinem Beschluss vom 6. Juli eine fünfjährige Führungsaufsicht gegen ihn verfügt. In dieser Zeit darf er das Land Bremen nicht verlassen und keine Versammlungen „im Zusammenhang mit kurdischen Belangen“ anmelden oder organisieren. Er muss jeden Wohnsitzwechsel „unverzüglich“ melden und alle zwei Wochen bei seinem/seiner Bewährungshelfer:in vorsprechen sowie den Vorladungen der Führungsaufsichtsstelle Folge leisten. Schlussendlich muss er sich im Fall eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die Weisungen mündlich von der JVA Bremen über deren Bedeutung und Strafbarkeit belehren lassen.
Elektronische Fußfessel und Wohnraumüberwachung abgelehnt
Zuvor waren die von der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg vorgelegten Auflagen für die Dauer der Führungsaufsicht auf scharfe Kritik des Verteidigers von Mustafa C. gestoßen. Danach hätte sein Mandant u.a. eine elektronische Fußfessel tragen und ein ständig betriebsbereites nicht-internetfähiges Mobiltelefon mit sich führen sollen sowie eine Wohnraumüberwachung dulden müssen. Darüber hinaus hätte er keine Veranstaltungen in kurdischen Vereinen in Bremen besuchen dürfen, sich aber alle zwei Wochen bei der örtlichen Polizeidienststelle melden müssen. Diesen Anordnungen ist der 4. Strafsenat des OLG Hamburg nicht gefolgt.
Keine individuelle Straftat, fünf Jahre in deutschen Gefängnissen
Mustafa C. (Amed) war im Oktober 2020 vom OLG zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten nach §§ 129a/b StGB verurteilt worden. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der 47-Jährige in den Jahren 2018/2019 als Gebietsleiter des „PKK-Gebiets Salzgitter“ tätig gewesen ist. Wegen ähnlicher Aktivitäten hatte ihn das OLG Celle im August 2016 ebenfalls zu einer Haftstrafe verurteilt. Individueller Straftaten ist er in beiden Verfahren nicht beschuldigt worden.
Versuchte Zerstörung der politischen Identität
Um jede politische Aktivität von Mustafa C. für die kurdische Bewegung zu verhindern, „kritische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen“ und den Kurden in seiner Lebensführung „in der Freiheit“ über einen bestimmten Zeitraum zu kontrollieren, sei die Anordnung der fünfjährige Führungsaufsicht verhältnismäßig.
„Wir sind der Auffassung, dass es sich bei den Maßnahmen um eine massive, keineswegs verhältnismäßige Beschneidung der Freiheit von Mustafa C. (Amed) handelt, um den Versuch, seine Gesinnung und politische Identität zu zerstören“, erklärt AZADÎ e.V. und wünscht Mustafa C. „viel Kraft und Energie, den Zumutungen zu trotzen. Die destruktive Verbotspolitik mit ihren verheerenden Folgen muss beendet werden.“
Die Meldung wurde um 20.25 Uhr aktualisiert. Die Haftentlassung war für Freitag vorgesehen, überraschend konnte Mustafa C. die JVA Bremen bereits am Mittmochmorgen verlassen.