Schikanöse Auflagen gegen kurdischen Aktivisten Mustafa C.

Der kurdische Aktivist Mustafa C. (Amed) hat sich im Gefängnis nicht brechen lassen. Dafür soll er nach Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg nach seiner Entlassung büßen – mit elektronischer Fußfessel und politischem Betätigungsverbot.

Nach Verbüßung einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten soll der kurdische Aktivist Mustafa C. am 5. August aus der JVA Bremen in die „Freiheit“ entlassen werden. In die Freiheit? Nach den Vorstellungen der Generalstaatsanwaltschaft und des Oberlandgerichtes Hamburg hat der 47-Jährige nicht genug „gebüßt“. Wie der Rechtshilfefonds Azadî e.V. mitteilt, soll ihm das künftige Leben unerträglich gemacht werden, dem Kurden wird eine prall mit Zumutungen gefüllte fünfjährige Führungsaufsicht auferlegt. In dieser Zeit

  • darf er den Stadtstaat Bremen nicht verlassen

  • darf er keine kurdischen Vereine in Bremen aufsuchen

  • darf er an keinen Versammlungen teilnehmen, keine solche organisieren oder anmelden, „die im Zusammenhang mit der PKK, der KCDK-E oder deren Nachfolgeorganisationen oder im Zusammenhang mit den Belangen des kurdischen Volkes stehen“

  • muss er ein ständig betriebsbereites nicht-Internetfähiges Mobiltelefon bei sich tragen

  • muss er Fußfesseln tragen („die für eine elektronische Überwachung seines Aufenthaltsortes erforderlichen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich [zu] führen“)

  • muss er „die Aufstellung der so genannten Home-Unit in seiner Wohnung dulden“ (Hauskontrolle)

  • muss er sich „alle zwei Wochen bei der örtlich zuständigen […] Polizeidienststelle […] melden“

  • muss er „jeden Wechsel des Wohnortes und der Arbeitsstelle der zuständigen Führungsaufsichtsstelle melden“

  • muss er den „Vorladungen der Aufsichtsstelle, des Bewährungshelfers oder des Senats Folge leisten“

Die perfide Begründung lautet, dass mit den vorstehenden Weisungen das „Ziel der Prävention“ verfolgt werde, damit Mustafa C. „überhaupt keine Straftat mehr“ begehe. Zwar sei sein Verhalten in der JVA „nicht zu beanstanden“ gewesen, doch sei bei ihm „kein Abrücken von seiner politischen Haltung erkennbar“. Er halte an „seiner Werteorientierung fest“. Auch sei er nicht bereit anzuerkennen, dass seine bisherigen politischen Aktivitäten für die PKK strafbar sind. Außerdem habe er sich „kaum integriert“ und verfüge „nur über eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache“. Vermutlich werde er sich nach seiner Haftentlassung wieder für die PKK betätigen.

Deshalb müsse der Entlassene engmaschig kontrolliert und seine Aktivitäten „schneller bemerkt“ werden. Wegen der „von ihm ausgehenden Gefährdung“ seien die Weisungen „keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung“.

Zum zweiten Mal im Gefängnis – ohne individuelle Straftat

Mustafa C. war am 1. Oktober 2020 vom OLG Hamburg verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Mustafa C. 2018/2019 als Funktionär das „PKK-Gebiet Salzgitter“ verantwortlich geleitet haben soll. Wegen ähnlicher Aktivitäten hatte ihn das OLG Celle im August 2016 zu einer Haftstrafe verurteilt. Einer individuellen Straftat war er in beiden Verfahren nicht beschuldigt worden.

Verteidigung fordert Rücknahme der schikanösen Auflagen

Bei einer Anhörung am 4. Juli vor dem Hanseatischen OLG, hat der Verteidiger von Mustafa C., Rechtsanwalt Heinz Schmitt, gegen die schikanösen Auflagen protestiert und deren weitgehende Rücknahme gefordert. Hierüber hat das OLG noch nicht entschieden.

Azadî: Wie weit dürfen Politik und Justiz gehen?

„Immer dringlicher muss gefragt werden, wie weit Politik und Justiz gehen dürfen, um weiter ihre übergeordneten politischen Interessen über die Würde eines Menschen zu stellen. Es sind sträfliche Versuche, Mustafa C. zu demütigen, ihn seiner politischen Identität zu berauben, seine Gesinnung zu zerstören, ihn denk- und mundtot zu machen. Es reicht schon lange“, so Azadî e.V.