„Lützerath lebt!“- Demonstration gegen Polizeigewalt in Hannover

In Hannover ist mit einer Demonstration gegen die brutale Polizeigewalt während der Räumung des Ortes Lützerath im rheinischen Kohlerevier protestiert worden. Dabei wurde auch an Halim Dener und andere Opfer von tödlicher Polizeigewalt erinnert.

Rund 120 Menschen haben in Hannover am Samstagnachmittag gegen die brutale Polizeigewalt während der Räumung des von Klimagerechtigkeitsaktivist:innen besetzten Dorfes Lützerath im rheinischen Kohlerevier demonstriert. Ebenso wurde an den Kurden Halim Dener, der 1994 in Hannover von einem Polizisten erschossen wurde, und andere Opfer von Polizeigewalt wie etwa Oury Jalloh erinnert, der 2005 in Dessau rechtswidrig in Gewahrsam genommen, misshandelt, auf einer Matratze fixiert und angezündet wurde.

Organisiert von internationalistischen Jugendorganisationen und Umweltverbänden, startete die Demonstration um 14 Uhr ab Hauptbahnhof mit Redebeiträgen der Gruppe „Omas gegen rechts“ und zweier Jugendlicher. Während die Omas die Gewalt in Lützerath und die Kriminalisierung der Klimagerechtigkeitsbewegung am Beispiel der „Letzten Generation“ kritisierten, wurde in den anderen beiden Redebeiträgen auf Rassismus und die Polizei als Herrschaftsinstrument eingegangen. So hieß es unter anderem: „Gegründet von der herrschenden Klasse im Frühkapitalismus sorgt die Polizei für den Erhalt der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse und der damit verbundenen Klassengesellschaft. Somit wird sie immer unserem Kampf für Klimagerechtigkeit entgegentreten.“

Gedenken an Opfer tödlicher Polizeigewalt

Anschließend zog die Demonstration unter lauten Parolen durch die Innenstadt. Als die Menge den Steintorplatz passierte, gab es noch einen spontanen Redebeitrag eines Internationalisten zu Halim Dener. Der sechzehnjährige Flüchtling war beim Anbringen von Plakaten der kurdischen Befreiungsfront ERNK von einem Polizeibeamten durch einen Schuss in den Rücken getötet worden. Wenige Monate zuvor trat das vom damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther verfügte Vereins- und Betätigungsverbot für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Kraft. Der Redner wies darauf hin, dass die kurdische Freiheitsbewegung noch immer mit dem Instrument des PKK-Verbots in Deutschland kriminalisiert wird und zahlreiche Aktive aus dem kurdischen Spektrum in Haft sitzen.

Am Zielort angekommen wurden noch drei weitere Redebeiträge gehalten. „Ende Gelände“ und „Psychologists for Future“ thematisierten die von der Polizei ausgeübte Gewalt bei der Großdemonstration in Lützerath am Samstag vergangener Woche. Fast 150 Verletzte seien in den Stunden danach gemeldet worden, vielen der Betroffenen wurde von Beamte gezielt auf den Kopf geschlagen. Die Zahl der tatsächlichen Fälle von Verletzten werde aber viel höher vermutet.

In beiden Redebeiträgen wurde außerdem der Fall des Umweltaktivisten Manuel „Tortuguita” Teran thematisiert. Der 26-Jährige wurde am Mittwoch während einer Polizeirazzia in einem besetzten Wald in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia erschossen. Die Besetzung dort richtet sich gegen den Bau eines Polizeiausbildungszentrums auf diesem Gelände.

Defend Kurdistan: Gemeinsam gegen die kapitalistische Moderne kämpfen

Zum Ende der Demonstration gab es einen Beitrag der Initiative „Defend Kurdistan“. Der Aktivist würdigte den Widerstand von Lützerath und betonte die Wichtigkeit gemeinsam ausgetragener Kämpfe gegen die kapitalistische Moderne. „In Kurdistan, in einer Region, in der die kapitalistische Moderne immer mehr zurückgedrängt wird, wird dem Ökozid, dem Soziozid und dem nackten Faschismus eine Alternative entgegengesetzt. Der Zerstörung von Natur, der Tier- und Pflanzenwelt wird eine ökologische, auf Geschlechterbefreiung basierende, basisdemokratische und kommunale Lebensweise systematisch entgegengesetzt. Das ist demokratischer Konföderalismus. Dieses Gesellschaftsmodell stellt den Erhalt jeglichen Lebens und die Erhaltung der Natur in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Daseins. Diese Revolution zeigt uns, dass ein anderes Leben möglich ist. Sie zeigt uns, dass eine Alternative zu Staat, Macht und Gewalt möglich ist, und gibt uns Kraft, für solch eine Zukunft zusammenzustehen und zu kämpfen. Dieser Alternative ist es gelungen, den IS-Faschismus zu besiegen und auch immer wieder den türkischen Faschismus in den freien Bergen Kurdistans zu schlagen. Jüngstes Beispiel ist der historische Widerstand in Zap, Avaşîn und Metîna.“