Kurdische Politiker in Amed und Ankara festgenommen
Der ehemalige BDP-Abgeordnete Ibrahim Binici und das HDP-Parteiratsmitglied Mesut Bağcık sind im Rahmen der „Kobanê-Ermittlungen" festgenommen worden. In mehreren Städten finden Razzien statt.
Der ehemalige BDP-Abgeordnete Ibrahim Binici und das HDP-Parteiratsmitglied Mesut Bağcık sind im Rahmen der „Kobanê-Ermittlungen" festgenommen worden. In mehreren Städten finden Razzien statt.
In den Morgenstunden gab es erneut Razzien in der Türkei und Nordkurdistan gegen die kurdische Opposition. Der ehemalige Abgeordnete der Friedens- und Demokratiepartei (BDP), Ibrahim Binici, ist in seiner Wohnung in Ankara festgenommen worden. Gegen ihn wurde eine 24-stündige Anwaltssperre verhängt. Auch in Amed (türk. Diyarbakır) schlug die Repression zu. Der kurdische Politiker Mesut Bağcık, Mitglied des HDP-Parteirats, wurde in seiner Wohnung in Amed festgenommen und zur Polizeidirektion gebracht. Bağcık soll im Anschluss nach Ankara gebracht werden. Auf der Festnahmeanordnung befinden sich noch weitere sechs Namen. Eine weitere Person wurde bereits festgenommen. Auch in Semsûr (Adıyaman) und Êlih (Batman) fanden Hausdurchsuchungen statt.
Die Festnahmeanordnung beruft sich auf das sogenannte „Kobanê-Verfahren“. Im Kobanê-Verfahren wurden bereits Dutzende kurdische Politiker*innen und Aktivist*innen inhaftiert. Unter ihnen sind auch die ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ.
Die Kobanê-Proteste vom Herbst 2014
In dem Verfahren geht es um die Proteste gegen die IS-Invasion und die türkische Unterstützung für den IS im Jahr 2014. Am Abend des 6. Oktober 2014 war es der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) nach 21 Tagen Widerstand der Verteidigungseinheiten YPG/YPJ sowie der Bevölkerung von Kobanê gelungen, ins Zentrum der westkurdischen Stadt vorzudringen. Angesichts der kritischen Situation hatte die HDP die Öffentlichkeit zu einem unbefristeten Protest gegen die türkische Regierung aufgerufen, da diese ihre Unterstützung für den IS nicht beendete.
Im Zuge dessen kam es in vielen Städten zu regelrechten Straßenschlachten zwischen Sicherheitskräften sowie paramilitärischen Verbänden wie Dorfschützern und Anhängern der radikalislamistischen türkisch-kurdischen Hisbollah (Hizbullah) und den Demonstranten. Die Zahl der dabei getöteten Personen, bei denen es sich größtenteils um Teilnehmende des Aufstands handelte, schwankt zwischen 46 (IHD) und 53. Die Regierung spricht lediglich von 37 Toten. Laut einem Bericht des Menschenrechtsvereins IHD wurden 682 Menschen bei den Protesten verletzt. Mindestens 323 Personen wurden verhaftet. Im Verlauf des Aufstands kam es zudem zu Brandanschlägen auf Geschäfte sowie öffentliche Einrichtungen.