Dem Kurden Muhiddin Fidan aus Kassel droht nach 25 Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik die Abschiebung in die Türkei. Die Ausländerbehörde der nordhessischen Großstadt werfe dem 38-Jährigen „Terrorismus“ vor, heißt es in einer Petition, die von einem Solidaritätskreis gestartet wurde. Konkret gehe es um die Mitgliedschaft in einem gemeinnützigen Kulturverein in Kassel, in dem Fidan sich um Integrationshilfe und kurdischen Volkstanz gekümmert habe, sowie um die Teilnahme an einer genehmigten Demonstration.
Muhiddin Fidan musste 1996 im Alter von dreizehn Jahren die Türkei verlassen, da er dort als Kurde politisch verfolgt wurde. Deshalb suchte er Schutz in Kassel. 2005 heiratete er seine Frau, mit der er fünf Kinder bekam. Im Gegensatz zu ihm haben seine Familienmitglieder alle die deutsche Staatsbürgerschaft. Bis 2011 sei ihm noch ohne Probleme die Aufenthaltserlaubnis ausgestellt worden. Im Jahr 2015 musste er dann unerwartet bei der Ausländerbehörde vorsprechen, heißt es in der Petition:
„Damals wurde ihm versichert, dass die Prüfung schnell gehen würde und er in spätestens sechs Wochen den neuen Bescheid ausgestellt bekommen würde, doch es kam anders. Muhiddin erhielt erst nach sechs Jahren, im Jahr 2021, den Bescheid. Zur Verwunderung aller war dieser nicht wie in den Jahren zuvor positiv.“
Nach sechs Jahren aus heiterem Himmel einen negativen Bescheid zu erhalten, sei für die gesamte Familie bereits eine Tortur, hält der Solidaritätskreis fest. Die Begründungen des Bescheides habe diese dann noch verschlimmert. Auch seien die dem Kurden zur Last gelegten Terrorismusvorwürfe von der Ausländerbehörde nicht nachgewiesen worden. „Bei solch schweren Anschuldigungen würde man ebenso schwerwiegenden Belege dafür erwarten, aber im Fall Muhiddin Fidan gibt es diese nicht“, kritisiert die Initiative.
Gesellschaftszentrum Kurdistan Kassel: Vorwurf gleicht einer Farce
Bei dem Verein, in dem sich Fidan ehrenamtlich engagierte, handelt es sich um das Gesellschaftszentrum Kurdistan Kassel e.V. (Navenda Civaka Kurdistan). Dieser zeigte sich fassungslos und bestürzt über die drohende Abschiebung des fünffachen Familienvaters. Dass ihm die Mitgliedschaft in dem Verein zur Last gelegt werde, sei ein Skandal. „Auch der Vorwurf an einer genehmigten Demonstration beteiligt gewesen zu sein, gleicht einer Farce – denn es ist nun mal sein gutes Recht“, erklärte der Vorstand. Es sei kein Geheimnis, dass deutsche Behörden kurdischen Aktivistinnen und Aktivisten, die offen gegen das türkische Regime protestieren, in der Vergangenheit „das Leben hierzulande schwer machten“. Im Fall Muhiddin Fidan sei nun aber wieder eine neue Schwelle überschritten worden. „Wir verurteilen dieses Handeln zutiefst“, so der Verein.
Forderung: Landesregierung soll Fall neu bewerten
Die auf der Plattform Change gestartete Petition für Muhiddin Fidan ist bislang von 1.020 Personen unterzeichnet worden. Der Solidaritätskreis für den Kurden ruft die Öffentlichkeit zur Unterstützung des Anliegens auf. Man wolle Druck ausüben und die Landesregierung auffordern, den Fall Fidan neu aufzurollen, damit ihm eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt wird. Auch das kurdische Gesellschaftszentrum in Kassel appelliert an die Öffentlichkeit, die Petition zu unterstützen.