Hetzjagd auf Kurd:innen in Belgien
Die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V. (KON-MED) fordert nach den Lynch-Angriffen türkischer Nationalisten auf Teilnehmende an einer Newroz-Feier in Belgien ein Verbot der „Grauen Wölfe“. Die weitere Verschleppung der vom Bundestag beschlossenen Verbotsprüfung sei brandgefährlich, warnte der kurdische Verband am Dienstag in Düsseldorf.
Lynchmob mit „Wolfsgruß“ und islamistischem Schlachtruf
In den Limburger Gemeinden Houthalen-Helchteren und Heusden-Zolder haben Hunderte türkische Rechtsextreme am Sonntag eine rassistische Hetzjagd auf Kurd:innen gemacht und dabei mindestens sieben Personen teilweise schwer verletzt. Junge Menschen wurden bewusstlos geprügelt, Autos demoliert, aus Fahrzeugen und von ihren Eigentümern entwendete Kurdistan-Fahnen sowie Schals in den Farben grün, rot und gelb angezündet. Auch wurde das Haus einer kurdischen Familie, in dem Dutzende Menschen, darunter auch mehrere Kinder, Schutz vor dem Mob suchten, attackiert und belagert. Mehrere Videos, die von den Angreifern selbst ins Netz gestellt wurden, zeigen die Gewaltorgie. Zu sehen und zu hören sind dabei neben regungslos auf dem Boden liegende Kurden, auf die weiter eingetreten wird, und eingeschlagenen Scheiben auch „Wolfsgrüße“ der ultranationalistischen Bewegung „Graue Wölfe“, Türkei-Fahnen, islamistische Schlachtrufe und rassistische sowie sexistische Beleidigungen.
Verbotsprüfung im Bundestag beschlossen
„In einem Bundestagsbeschluss vom 18. November 2020 war die Bundesregierung aufgefordert worden, ein Organisationsverbot gegen Vereine der Ülkücü-Bewegung, bekannt als Graue Wölfe, zu prüfen. 2023 - als die Bewegung im Kontext der türkischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Deutschland ihre Mobilisierung verstärkte - wurden diese Forderungen erneut parteiübergreifend artikuliert. Doch bis heute hat es keine substanziellen Fortschritte in der Überprüfung des Verbots gegeben“, kritisiert KON-MED und weist auf die Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke vom August 2023 zum Stand der Verbotsprüfung hin: „Die Bundesregierung äußert sich generell nicht zu Verbotsüberlegungen, unabhängig davon, ob zu solchen Überlegungen im Einzelfall Anlass besteht. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass potenziell Betroffene ihr Verhalten danach ausrichten und dadurch die Wirksamkeit operativer behördlicher Maßnahmen beeinträchtigt oder vereitelt werden können.“
„Die Verbotsforderung ist aktueller denn je“
Dass die von „Grauen Wölfen“ ausgehende Gefahr nicht zu unterschätzen ist, habe sich bei den Angriffen im Anschluss an eine kurdische Newrozfeier in Belgien am 24. März erneut gezeigt, so KON-MED:
„Die Verbotsforderung ist damit aktueller denn je. Es entsteht jedoch der Eindruck, dass die Prüfung des Verbotsantrags verschleppt wird. Es stellt sich die Frage, inwiefern die Verbindungen der ,Ülkücü-Bewegung' in die Türkei, insbesondere zur MHP, dem Koalitionspartner der AKP, im Kontext deutsch-türkischer Beziehungen eine Rolle spielen. Ein Aussitzen allerdings ist brandgefährlich, sowohl für die Sicherheit der Betroffenen als auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Die ,Ülkücü-Bewegung' ist mit 11.000 Anhängern eine der größten, nationalistisch-rechtsextremistischen Bewegungen in Deutschland, gekennzeichnet durch Antisemitismus, Rassismus und Hass auf kurdische, ezidische, alevitische, armenische und andere Minderheiten.“
„Die organisierte türkische Rechte ist eine ernsthafte Bedrohung“
Die Ko-Vorsitzende von KON-MED, Ruken Akça, fordert von der Bundesregierung unverzügliches Handeln: „Wer es mit der Brandmauer gegen Rechts ernst meint, darf die Augen vor innermigrantischen Rassismusdynamiken nicht verschließen. Die organisierte türkische Rechte ist eine ernsthafte Bedrohung für das gesellschaftliche Zusammenleben und ihre Hassobjekte in der migrantischen Community. Die Ereignisse in Belgien sind Warnung und Mahnung zugleich. Der Bundestagsbeschluss muss dringend umgesetzt werden. Es ist kein Geheimnis, dass der türkische Staatspräsident Erdogan mit seiner menschenverachtenden Mentalität immer wieder versucht, Einfluss auf das friedliche Zusammenleben der in Deutschland und in Europa lebenden Gesellschaften zu nehmen. Auch die Gründung der neuen Partei DAVA lässt sich in diesen Kontext einordnen. Ein Verbot würde daher auch ein klares Zeichen gegen Erdogans Einflussnahme setzen.“