KON-MED fordert „scharfe Konsequenzen“ für Ankara

Nach den Drohungen eines pensionierten türkischen Nachrichtendienstlers zu weiteren politischen Morden an kurdischen Führungskräften in Europa fordert der bundesweite Dachverband KON-MED scharfe Konsequenzen für Ankara.

Nach den Äußerungen des pensionierten türkischen Nachrichtendienstlers Ismail Hakkı Pekin schlagen die Wellen der Empörung innerhalb der kurdischen Gesellschaft immer höher. Der ehemalige Abteilungschef des militärischen Nachrichtendienstes hatte jüngst im türkischen TV eingeräumt, dass es sich bei den Morden an den drei kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez im Januar 2013 in Paris um eine staatliche Operation gehandelt habe, und weitere politische Morde an kurdischen Führungskräften in Europa befürwortet. Nun hat sich die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland (KON-MED) zu Wort gemeldet. Der Dachverband fordert von Frankreich, die Pariser Morde gewissenhaft aufzuklären und zu gewährleisten, dass alle Verantwortlichen, „an erster Stelle Diktator Recep Tayyip Erdogan“, juristisch belangt werden. „Wir werden nicht zur Ruhe kommen, ehe wir die Rechenschaft, die Gerechtigkeit und den Abschluss erhalten, den die kurdische Gesellschaft verdient. Dies wäre auch ein unmissverständliches Signal an das faschistische Regime in Ankara, das seine genozidalen Absichten bezüglich der Kurdinnen und Kurden auch in Europa zu konkretisieren versucht. Darüber hinaus sehen wir auch bei der Bundesregierung Handlungsbedarf“, so KON-MED.

Ismail Hakkı Pekin hatte am 16. Februar in einer Fernsehsendung zur türkischen Militäraggression im südkurdischen Guerillagebiet Gare erklärt, dass es „gezielte Liquidierungen von KCK-Führungskräften im Irak, Syrien und in Europa“ geben müsse. „Sie haben auch ihre Elemente in Europa. Wir müssen etwas in dieser Richtung in Europa unternehmen. Ich meine, es wurde schon einmal in Paris gemacht …“, so Pekin in Anspielung auf den von einem inzwischen verstorbenen Attentäter des türkischen Geheimdienstes MIT ausgeführten Dreifachmord an Cansız, Doğan und Şaylemez. KON-MED erinnert daran, dass der MIT in Deutschland regelmäßig mit Auftragsmorden an kurdischen Oppositionellen in Verbindung gebracht wird und das gesamte Bundesgebiet als Aktionsfeld von Spionage- und Propagandanetzwerken des türkischen Regimes dient.

Erst im November teilte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit, dass sich die MIT-Aktivitäten in Deutschland „in hohem Maße der Ausspähung der Opposition“ widmeten. Darüber hinaus warnte das Ministerium vor Angriffen türkischer Nationalisten auf Exiloppositionelle aus der Türkei und vor vermeintlich unabhängigen Organisationen wie Union of Democrats (UID) und DITIB. Diese versuchten, „einen eigenständigen und unabhängigen Charakter ihrer Organisationen hervorzuheben und die Verbindungen und Abhängigkeitsverhältnisse zur Türkei herunterzuspielen“. Das Netzwerk diene aber nicht nur der „aktiven Meinungsbildung“ ‒ ein höflicher Ausdruck für Diskursmanipulation ‒ sondern „biete dem türkischen Nachrichtendienst auch eine große Zahl potentieller Zuträger und Hinweisgeber“. Die Organisationen agierten dabei häufig direkt durch den MIT in der Türkei. So heißt es in dem Bericht des NRW-Innenministeriums: „Eine aktive Steuerung und Führung durch in Deutschland agierende Mitarbeiter des MIT ist hierfür oftmals gar nicht erforderlich, da Hinweise auch über Dritte oder im Rahmen von Heimatbesuchen abgesetzt werden können.“

Mit Blick auf die Bewertung des Ministeriums warnt KON-MED auch vor den Aktivitäten des türkischen Geheimdienst-Thinktanks „Stiftung für politische, wirtschaftliche und soziale Forschung“ (SETA). Es handele sich um ein politisches Instrument der Erdogan-Regierung, das der öffentlichen Diffamierung von Kurdinnen und Kurden sowie Oppositionellen aus der Türkei diene. „Zusammengefasst können wir sagen, dass die Drohungen aus Ankara keine leeren Drohungen sind. Deshalb rufen wir die französische Justiz erneut auf, das Ermittlungsverfahren präzise und gewissenhaft zum Abschluss zu bringen. Von Europa fordern wir scharfe Konsequenzen für Ankara. Denn sollten die Drohungen aus der Türkei in die Praxis umgesetzt werden, wird die europäische Gemeinschaft die Verantwortung tragen.“