Kommentar: Arrogante Haltung des Auswärtigen Amtes

Das Auswärtige Amt übernimmt mit seiner Forderung nach einer klaren Abgrenzung der HDP von der PKK nicht nur die Begründung des AKP/MHP-Regimes, sondern ermuntert den Staatsapparat, diese antidemokratische Politik gegen die HDP fortzusetzen.

Das Auswärtige Amt verfügt über einen nur begrenzten Wortschatz, sobald es darum geht, das Erdoğan-Regime wegen seines antidemokratischen und rechtswidrigen Vorgehens gegen Oppositionelle zu kritisieren. Die Worte heißen wahlweise „besorgt“ oder „sehr besorgt“. Prompt lieferte der Sprecher des Auswärtigen Amtes in einer Stellungnahme vom 18. März zum drohenden Verbot der Demokratischen Partei der Völker (HDP) den Beweis: Diesmal blickt das Amt mit „großer Besorgnis“ auf die Ereignisse.

Ganz und gar inakzeptabel und empörend wird am Ende der Presseerklärung von der HDP „eine klare Abgrenzung gegenüber der PKK“ gefordert. Mit dieser Aussage übernimmt das Außenministerium nicht nur die Begründung des AKP/MHP-Regimes für Verbote, Festnahmen und Verurteilungen, sondern ermuntert den Staatsapparat, diese antidemokratische Politik gegen die HDP fortzusetzen. Der Hinweis, dass die PKK „in der EU als terroristische Organisation gelistet“ sei, macht die Erklärung auch nicht besser. Schließlich handelt es sich bei der sogenannten EU-Terrorliste um ein undemokratisches und intransparentes Instrumentarium zur Durchsetzung politischer Interessen von Staaten, die ihr nicht genehme Organisationen und Vereinigungen loswerden wollen, um sich nicht politisch mit ihnen auseinandersetzen zu müssen. Auf diese „billige“ Art und Weise befreien sie sich von ihrer Verantwortung für Verhältnisse und Entwicklungen in ihren Ländern, denen häufig ein seit Jahrhunderten ungelöster Konflikt zugrunde liegt.

Das trifft im Falle der Türkei zu, die in zwei Jahren ihre Republikgründung feiern wird, was für Kurd*innen und andere Minderheiten ein Grund ist für Trauer und Erinnerung an Verleugnung, Verfolgung und Vernichtung bis in die Jetztzeit.

Das trifft auf Deutschland zu, das sich schon zu Zeiten des Osmanischen Reiches insbesondere als militärischer „Waffenbruder“ hervorgetan hat, das involviert war in den Genozid an den Armenier*innen während des 1. Weltkrieges, das den Militärputsch vom 12. September 1980 in der Türkei unterstützt hat, das Waffen liefert, die gegen die kurdische Bevölkerung eingesetzt wurden und werden. Und das heute als verlängerter Arm des Regimes auf deutschem Boden das schmutzige Geschäft der Repression betreibt.

Mithin ist die Bundesregierung nicht in der Position, sich als Bewahrer der „westlichen Werte“ und Verteidiger der Demokratie aufspielen zu können gegenüber den politischen Akteur*innen der HDP, die einen hohen Preis zu zahlen haben für ihr Engagement für eine friedliche und demokratische Gesellschaft.