Die ursprünglich für den 8. Mai vorgesehene Urteilsverkündung im §129b-Prozess gegen Özgür A. vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz wurde auf den 10. Mai verschoben.
Dem kurdischen Aktivisten wird vorgeworfen, als angebliches Mitglied der PKK von Mai 2018 bis zu seiner Festnahme im April 2022 in Bremen als „hauptamtlicher Kader“ verschiedene Gebiete Deutschlands verantwortlich geleitet zu haben. In dieser Funktion habe er Veranstaltungen und Versammlungen organisiert, Spendenkampagnen überwacht sowie personelle Angelegenheiten koordiniert. Einer individuellen Straftat wird der 48-Jährige nicht beschuldigt. Engmaschige Observationsmaßnahmen, die ihn, aber auch zahlreiche andere Kurdinnen und Kurden betrafen, sowie eine umfassende Telekommunikationsüberwachung machten auch in diesem Prozess deutlich, mit welcher Intensität deutsche Behörden kurdische Menschen verfolgen und ihre eigentlich legalen Aktivitäten zu „terroristischen“ Handlungen umdefinieren.
Die Verteidigung hat Freispruch für Özgür A. gefordert. Ihr Mandant wurde bereits wegen seines politischen Engagements in der Türkei verfolgt, war mehrere Jahre inhaftiert und musste aufgrund massiver Morddrohungen das Land verlassen. Er floh nach Deutschland und beantragte politisches Asyl. Davon, seine politische Arbeit für den Freiheitskampf der Kurdinnen und Kurden auch hier fortzusetzen, war er überzeugt.
Angesichts der engen ökonomischen und geopolitischen Interessen, die Deutschland und die Türkei seit langer Zeit verbinden, erfährt Özgür A. auch hier Repression, Kriminalisierung und Stigmatisierung. Die Türkei-Besuche von Bundesinnenministerin Faeser (SPD), Außenministerin Baerbock (Grüne) und insbesondere von Generalbundesanwalt Dr. Frank im vergangenen Jahr haben die Wegrichtung auch dieser Bundesregierung gezeigt: Die antikurdische Positionierung wird fortgesetzt und die Aggressionspolitik des AKP/MHP-Regimes in Ankara unterstützt.
Um zu demonstrieren, dass diese Politik missbilligt und das Urteil gegen Özgür A. nicht „im Namen des Volkes“ gesprochen wird, ruft der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. alle solidarischen Menschen dazu auf, diesen letzten Verhandlungstag zu besuchen:
Mittwoch, 10. Mai 2023, 10:00 Uhr, OLG, Regierungsstraße 7, Koblenz