Die „Initiative Amed Ahmad“ lädt zwei Jahre nach dem Tod des jungen Kurden zu einer Gedenkveranstaltung am 13. Oktober 2020 um 18 Uhr auf dem Münsterplatz in Bonn ein:
Vor zwei Jahren wurde Amed Ahmad auf dem Bonner Nordfriedhof beerdigt. Seine Eltern wünschen sich ein würdevolles Gedenken und laden am 13. Oktober zu einer Gedenkkundgebung auf den Münsterplatz in Bonn ein. Als Initiative Amed Ahmad unterstützen wir die Eltern bei ihrem Anliegen solidarisch. Wir wollen Amed gemeinsam gedenken und um ihn trauern. Gleichzeitig wollen wir die Gelegenheit des Zusammenkommens nutzen und auf weitere Fälle von behördlichem Rassismus in Deutschland aufmerksam machen. Denn Amed ist nicht der erste, der den Rassismus in deutschen Gefängnissen nicht überlebte. Wir wollen auf die rassistische Kontinuität aufmerksam machen und sie versuchen zu brechen.
Im Sommer 2018 wurde der junge Kurde Amed Ahmad von der deutschen Polizei zu Unrecht verhaftet. Obwohl er unschuldig war, saß er mehrere Monate in der JVA Kleve ein. Am 29. September 2018 starb Amed an den Folgen eines bisher ungeklärten Zellenbrandes. Amed wurde nur 26 Jahre alt.
Er überlebte das Terrorregime in Syrien, wurde jahrelang gefoltert und floh nach Deutschland, in der Hoffnung, dort einen schützenden Rechtsstaat vorzufinden. Doch seine Hoffnungen erfüllten sich nicht. Er überlebte so vieles, doch den deutschen Rassismus hat er nicht überlebt.
Seine Eltern und Freund*innen wurden damals nicht darüber informiert, dass Amed in der JVA Kleve einsaß. Von seinem Tod erfuhren sie erst aus den Medien.Während der Beerdigung von Amed in Bonn stellte sein Vater, Malek Zafer Ahmad, bereits die Frage nach den Mördern seines Sohnes. Auch Ameds Freund*innen fordern immer wieder, dass Rassismus als Motiv für seinen Tod untersucht wird. Sie zweifelten von Anfang an daran, dass Amed bei seiner unrechtmäßigen Verhaftung einfach so von der Polizei „verwechselt" wurde.
Die Ungerechtigkeit, die Amed widerfahren ist, darf nicht länger verschwiegen werden. Wir wissen, dass niemand Amed ernst nahm, als er mehrmals beteuerte, nicht der gesuchte Mann zu sein. Denn Polizeibeamt*innen lag diese Information ebenfalls vor, und wir wissen, dass sie die unrechtmäßige Inhaftierung hätten beenden können. Dennoch wurde Amed nicht aus der JVA entlassen.
Wir wollen sowohl der kontinuierlichen und mehrfachen Entmenschlichung und Entrechtung von Amed als auch an ihn als Person erinnern und gedenken, um deutlich zu machen, dass gegen die rassistische Praxis in Deutschland angegangen werden muss.
So selbstverständlich das eigentlich sein sollte, so müssen wir doch immer wieder darauf aufmerksam machen, dass hinter diesem „Fall“ ein Mensch mit Träumen, Zielen, politischen Idealen und einem individuellen Leben stand. Für diesen Menschen wurde der deutsche Rassismus in einer schier unfassbaren Zuspitzung tödlich.
Wir fordern Aufklärung und Gerechtigkeit für Amed. Wir fordern, dass nie wieder jemand unschuldig im Gefängnis sitzen muss. Was Amed passiert ist, verstehen wir nicht als Einzelfall. Wir wissen von zahlreichen Todesfällen in Ingewahrsamnahmen, die auf den strukturellen Rassismus der deutschen Behörden zurückzuführen sind.
Daher sind wir auf die Unterstützung solidarischer Initiativen, die ebenfalls gegen strukturellen, institutionellen und alltäglichen Rassismus kämpfen, angewiesen. Lasst uns unsere Forderungen nach grundlegenden Veränderungen immer wieder gemeinsam auf die Straße tragen! Wir wünschen uns, dass die vielfältigen Stimmen derjenigen, die schon zu lange nicht ernst genommen und überhört wurden, gemeinsam laut werden und endlich angehört werden. Wir wollen gemeinsam die Stimmen für diejenigen erheben, die nicht mehr für sich selbst sprechen können, weil ihnen rassistische Strukturen und die dahinter agierenden Menschen ihr Leben nahmen.
Wir können nur gemeinsam und solidarisch die Angst vor Repressionen in Zeiten eines zunehmenden Rechtsrucks und der Kriminalisierung von Antifaschismus überwinden. Das Gefühl von Ohnmacht angesichts dieser Entwicklungen darf nicht dazu führen, dass wir wirklich ohnmächtig werden. Im Gegensatz, wir wollen zusammen kommen und uns organisieren, um die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten. Wir wollen nicht noch mehr Schwestern und Brüder, Mütter und Väter, Freund*innen und Freunde, Nachbar*innen und Nachbarn verlieren. Und wir wollen an die Menschen erinnern und gedenken, die den deutschen Rassismus nicht überlebten.
Solidarität mit allen von Rassismus Betroffenen! Kein Vergeben, kein Vergessen! Wir fordern Gerechtigkeit, wir fordern Aufklärung und wir fordern strukturellen Wandel! Kommt am 13. Oktober 2020 um 18 Uhr auf den Bonner Münsterplatz, um unsere Forderungen gemeinsam auf die Straße zu tragen.
Wir bitten euch, den Corona-bedingten Auflagen auf der Gedenkkundgebung nachzukommen und sowohl Mund-Nasen-Bedeckung als auch den Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Dies gehört unserer Meinung nach ebenfalls zu einem solidarischen Zusammenhalt.