Istanbul: Polizeiangriff auf Sivas-Gedenken

Die türkische Polizei hat das Gedenken an das Massaker von Sivas in Istanbul angegriffen. Sie setzte Pfefferspray ein, kesselte die Teilnehmer:innen ein und nahm mindestens sechs Personen fest.

Am 30. Jahrestag des Massakers von Sivas, bei dem am 2. Juli 1993 35 Menschen, größtenteils alevitischen Glaubens, von einem mehrere tausend Personen starken rechtsextremen und islamistischen Mob ermordet wurden, gedachten Menschen in vielen Städten der Opfer. In Istanbul wurde das Gedenken zum Ziel eines Polizeiangriffs.

Zahlreiche Organisationen und Parteien wie die HDP, EMEP, TIP, TKP, die Volkshäuser, die Föderation der sozialistischen Räte (SMF), Kaldıraç, Partizan und AKA-DER hatten zu der Gedenkveranstaltung unter dem Motto „Vergesst nicht und lasst kein Vergessen zu“ aufgerufen. Viele Menschen versammelten sich im Stadtviertel Sarıgazı und wiesen in ihren Parolen immer wieder auf die ideologische Verbindung zwischen den Mördern von Sivas und der herrschenden AKP hin. Die islamistische AKP-Regierung begnadigte Täter und brachte die Anwälte der Mörder in hohe Staatsämter. Angesichts der antialevitischen Politik des AKP/MHP-Regimes riefen die Aktivist:innen: „Die Repression wird uns nicht einschüchtern.“


Mit Beginn der Kundgebung begannen die Provokationen seitens der Polizei. Unter dem Vorwand des Zeigens von Bildern des 1973 durch Folter ermordeten Revolutionärs Ibrahim Kaypakkaya griff die Polizei die Menschenmenge mit Pfefferspray an. Passant:innen solidarisierten sich mit den Teilnehmer:innen und riefen der Polizei zu: „Wo wart ihr, als die Kinder vergewaltigt wurden? Wo wart ihr, als dieses Land verkauft wurde?“ Die Polizei griff daraufhin auch die Umstehenden an und kesselte sie ebenfalls ein. Die Polizisten drohten: „Derjenige, der hier etwas gegen den Staat sagt, soll nach vorne treten“. Nach längerer Zeit im Polizeikessel wurden mindestens sechs Personen festgenommen und zur Vatan-Polizeidirektion in Istanbul-Fatih gebracht.