Isolation von Öcalan: Justizministerium kennt den Grund nicht

Von Abdullah Öcalan gibt es seit über zwei Jahren kein Lebenszeichen mehr. Das türkische Justizministerium räumt ein, dass es aufgrund von „nicht vorliegenden Gründen“ Störungen im Kontakt mit den Imrali-Gefangenen gibt.

Von Abdullah Öcalan gibt es seit über zwei Jahren kein Lebenszeichen mehr. Der letzte Kontakt war ein kurzes Telefonat mit seinem Bruder Mehmet Öcalan am 25. März 2021. Das Gespräch wurde aus unbekannten Gründen nach wenigen Minuten unterbrochen. Auch von Öcalans Mitgefangenen auf der Gefängnisinsel Imrali, Hamili Yıldırım, Veysi Aktaş und Ömer Hayri Konar, gibt es keine Nachrichten.

Trotz regelmäßiger Besuchsanträge des Anwaltsteams der vier Imrali-Gefangenen und ihrer Angehörigen wird jeder Kontakt rechtswidrig und systematisch verhindert. Die Anwaltskanzlei Asrin hat daher einen Antrag beim türkischen Verfassungsgerichtshof gestellt und verweist darauf, dass ihre Mandanten aufgrund der verschärften Isolation seit 2021 Misshandlungen ausgesetzt sind.

In den letzten acht Jahren hat die Kanzlei Dutzende ähnlicher Anträge beim Verfassungsgericht gestellt. Wie die Agentur Mezopotamya (MA) mitteilt, hat das Verfassungsgericht vom Justizministerium eine Stellungnahme zum 23. dieser Anträge eingefordert. Daraufhin legte das Ministerium dem Gericht am 24. März eine Stellungnahme zu dem Verbot von Anwalts- und Familienbesuchen und ähnlichen Rechtseinschränkungen auf Imrali vor. Darin wird behauptet, die Isolation auf Imrali sei keine „Misshandlung". Mit der Begründung, dass Misshandlung „relativ" sei, stellte das Ministerium fest, dass die Isolation „mild" sei es auf der Gefängnisinsel keine Misshandlung gebe. Die Rechte der Gefangenen auf Besuche und telefonische und schriftliche Kommunikations würden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen umgesetzt, erklärte das Justizministerium und räumte ein, dass es aufgrund von „nicht vorliegenden Gründen“ Störungen im Kontakt von Abdullah Öcalan und den anderen Antragstellern mit ihren Anwälten und Familien gebe. Was die „nicht vorliegenden Gründe“ sein könnten, wird in der Antwort des Ministeriums nicht erläutert. Die Ablehnung der Besuchsanträge sei jedoch nicht willkürlich.

Im Anschluss forderte das Verfassungsgericht am 3. April eine Stellungnahme der Anwaltskanzlei Asrin an. Die Verteidiger:innen von Öcalan und seinen Mitgefangenen erklärten daraufhin am 18. April, dass die vom Ministerium vorgebrachten Argumente bezüglich der Verhinderung von Familien- und Anwaltsbesuchen nicht der Wahrheit entsprechen. Das Anwaltsteam verwies auf Entscheidungen des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen (UN) zur Rechtswidrigkeit von „Incommunicado-Haft“ und machte geltend, das die Verhinderung jeglicher Kommunikation von Gefangenen gegen das Folterverbot verstoße. Entgegen der Behauptungen des Ministeriums müsse der Antrag im Rahmen von Artikel 17 der Verfassung (Verbot von Misshandlung und Folter) behandelt werden. Die Kanzlei betonte, dass Bedingungen und Behandlungen, die die physische und moralische Widerstandskraft einer Person brechen können, mit dem Misshandlungsverbot in Zusammenhang stehen.

Wann und ob das Verfassungsgericht, das die Anträge des Öcalan-Verteidiger:innen seit Jahren unbeantwortet lässt, über den jüngsten Antrag entscheiden wird, ist nicht bekannt.