IS-Kinder verursachen Krise in Skandinavien

Die Aufnahme von Kindern skandinavischer IS-Dschihadisten aus dem Camp Hol in Nordsyrien führt zu politischen Krisen in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland.

Die politische Debatte um die Aufnahme von Kindern skandinavischer IS-Dschihadisten aus Syrien ist festgefahren. Während Menschenrechtsorganisationen, NGOs und die politische Linke für die Aufnahme der Kinder plädieren, schüren rassistische, ausländerfeindliche und rechte Parteien Hass und setzen alles daran, eine Aufnahme zu verhindern.

Norwegen: Regierungskrise wegen IS-Frau und zwei Kindern

Norwegen hatte entschieden, 35 Kinder aus dem Camp Hol in Nordsyrien aufzunehmen. Allerdings löste bereits die Übernahme von einer IS-Frau und zwei Kindern, eines davon schwer krank, eine Regierungskrise aus. So zog sich Siv Jensen, die damalige Finanzministerin der rassistischen Fortschrittspartei, aus der Regierung zurück.

Finnland: Misstrauensvotum wegen Aufnahmeplan für Kinder von IS-Dschihadisten

In Finnland hatte das Außenministerium einen Geheimplan mit dem Titel „Operation Corpi“ zur Aufnahme der Kinder ins Leben gerufen, dies führte zu einem Bruch in der Koalitionsregierung und zu heftigen Protesten in der Opposition. Daraufhin wurde auf Antrag der Christdemokraten und rechter anderer rechter Parteien ein Misstrauensvotum abgestimmt. Da das Votum scheiterte, bemüht sich die Opposition nun um ein Verfahren gegen Außenminister Pekka Haavisto vor dem obersten Gerichtshof. Nach den Diskussionen beschloss die Koalitionsregierung aus vier Parteien, die etwa dreißig Kinder aus dem Hol-Camp trotzdem so schnell wie möglich nach Finnland zu bringen.

Dänemark: Aufnahme von Kindern aus Camp Hol ausgeschlossen

Nachdem zwei der 40 dänischen Kinder nach Dänemark gebracht wurden, ist die Aufnahme gestoppt worden. Ministerpräsidentin Mette Fredriksen erklärte vergangenen November: „Die Regierung hat entschieden, die Kinder der Mütter und Väter, die Dänemark den Rücken gekehrt und für den Islamischen Staat gekämpft haben, nicht aufzunehmen.“ Trotz aller Kritik der fortschrittlichen und sozialistischen Kräfte weigert sich die Regierung, die Aufnahme von Frauen und Kindern aus Syrien wieder aufzunehmen.

Schweden: Aufnahme geplant

In Schweden ist die Situation der Kinder und Frauen schwedischer Dschihadisten im Hol-Camp ebenfalls seit längerem auf der Tagesordnung. Bisher hat die Regierung hierzu keine offizielle Entscheidung getroffen. Als die Außenministerin Ann Linde erklärte, man könne unter bestimmten Bedingungen 50 Kinder in Schweden aufnehmen, nahm der Druck zu. 17 einflussreiche Organisationen und Einzelpersonen, unter ihnen die Union schwedischer Kirchen, das Raul-Wallenberg-Institut und die Föderation der Vereinten Nationen, forderten in einer gemeinsamen Erklärung die sofortige Evakuierung der Kinder nach Schweden.

Zeitbombe Hol

Die im Camp Hol festgehaltenen IS-Familien stellen für die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien ein großes Problem dar. Die Kinder werden im Camp von IS-Frauen aufgezogen und radikalisiert. Die Selbstverwaltung verfügt nicht über die Ressourcen, dies zu verhindern, und die westlichen Staaten weigern sich, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen. Der Ko-Vorsitzende des Büros für Außenbeziehungen der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Abdulkarim Omar, hatte vergangene Woche den finnischen Außenminister getroffen und die westlichen Staaten für ihre fehlende Rücknahmebereitschaft ihrer Staatsangehörigen kritisiert. Zur Situation im Hol-Camp hatte er erklärt: „Die Situation dort ist ziemlich schlecht. Wir können sagen, die Hauptstadt des IS ist dorthin umgezogen. Hol ist eine Zeitbombe. Wenn die Kinder in dem Camp aufwachsen, können aus ihnen noch schlimmere Terroristen als ihre Väter werden.“

Identitätsfeststellung der Kinder schwierig

In der Tageszeitung Göteborg Posten hat sich der Schwedenvertreter der PYD, Şiyar Ali, zu dieser Frage geäußert. Er sagte, dass sich etwa 50 schwedische Kinder im Hol-Camp befinden, und forderte eine kindgerechte und sichere Umgebung für sie. Er berichtete auch über die Schwierigkeiten bei der Identitätsfeststellung: „Die meisten haben am Anfang ihre Identität angegeben, ändern diese aber immer wieder. Es ist sehr schwer sicher festzustellen, welche Kinder zu welchen Eltern gehören. Wir arbeiten sehr gerne zusammen und Schweden hat guten Willen gezeigt. Aber man muss verstehen, dass dies Zeit braucht.“ Ali stellte eine Lösung bis Sommer oder Herbst in Aussicht und sagte: „Wir können sie nicht langfristig dortbehalten.“ Auch er bezeichnete das Camp als eine Zeitbombe. Er kritisierte die westlichen Staaten für ihre Haltung, nur die Kinder aufnehmen zu wollen, aber nicht die Eltern: „Wir haben Gesetze und humanitäre Regeln und die Gesellschaft erlaubt es nicht, die Mütter von den Kindern zu trennen. Das geht prinzipiell nicht.“

Nicht diejenigen vergessen, die im Kampf gegen den IS ihr Leben verloren haben

„Es ist klar, wir denken an die unschuldigen Kinder im Camp. Aber wir müssen auch an die Menschen denken, die bei den Angriffen des IS verletzt oder getötet wurden, an die Menschen, die ihre Eltern, ihre Töchter oder Söhne verloren haben. Wir haben 27.000 Verwundete, von denen die Mehrheit ihr Leben als Invaliden leben muss. Wir müssen auch an sie denken.“