Vom 5. bis zum 10. September fand in München die Internationale Automobilausstellung (IAA) statt. Zahlreiche Bündnisse hatten zu breitem Protest dagegen aufgerufen. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie war mit acht Beobachter:innen vor Ort und hat über zehn Versammlungen begleitet. Ein heute erschienener Bericht des Vereins kommt zu dem Schluss, dass die Versammlungsfreiheit in München durch das Agieren der Polizei beschnitten wurde:
- Die Polizei führte sowohl rund um das angemeldete Protestcamp als auch auf den öffentlichen Ausstellungsflächen der IAA in der Innenstadt („Open Spaces“) systematische Personen- und Taschenkontrollen bei Personen mit vermeintlich alternativem Aussehen durch.
- Journalistische und parlamentarische Arbeit wurde eingeschränkt, indem Journalist*innen und die Teams mindestens einer parlamentarischen Beobachterin wiederholt kontrolliert wurden
- Auf Versammlungen waren polizeiliche Kameras omnipräsent. Die stete Präsenz von Videokameras der Polizei – ob aktiv oder im Ruhezustand – kreierte eine Situation pausenloser potentieller Überwachung, selbst wenn nicht durchgehend gefilmt wurde.
„Zu nahezu jedem Zeitpunkt und an nahezu jedem für die Proteste relevanten Ort konnten wir den unbedingten Willen der Polizei zur Feststellung von Identitäten und das Erstellen von Fotomaterial beobachten, sowie den Versuch, absolute Kontrolle über jegliches Protestgeschehen zu erhalten“, kommentiert Britta Rabe vom Grundrechtekomitee als eine der Beobachter:innen die Geschehnisse.
- Die Polizei setzte zudem unverhältnismäßige physische Gewalt gegen die Protestierenden ein. Am Freitag, 8. September ging sie mittels Schlagstock und Tränengas gegen Demonstrierende vor, mindestens eine Person wurde dabei so schwer verletzt, dass sie über Stunden am Ohr operiert werden musste. An anderer Stelle wurde eine Straßenblockade u.a. mittels Anwendung von Schmerzgriffen geräumt – eine Praxis, die womöglich gegen das Folterverbot verstößt.
„Wir haben in München gesehen, wie die Polizei in Zeiten sich verschärfender Klimakrise die Interessen der Autolobby schützte und Protestierende durch Kontrollen schikanierte, ihnen mit Knüppeln begegnete und nicht davor zurückschreckte, einige von ihnen über Tage einzusperren. Eine möglichst umfassende Kontrolle über ein Protestgeschehen zu gewinnen kann nur auf Kosten des Rechts auf Versammlungsfreiheit und anderen Grund und Freiheitsrechten umgesetzt werden – und genau das ist in München passiert“, so Britta Rabe weiter. Der Bericht steht unter https://www.grundrechtekomitee.de/fileadmin/user_upload/Demobericht-IAA-Grundrechtekomitee_2023.pdf zum Download bereit.
(PM)
Foto: Sand im Getriebe