HPG geben Identität von Fedai-Gefallenen bekannt

Die HPG haben die vollständige Identität der beiden Kämpfer veröffentlicht, die in Ankara die Fedai-Aktion gegen das türkische Innenministerium durchführten. Rojhat Zîlan und Erdal Şahin gehörten der Sondereinheit „Brigade der Unsterblichen“ an.

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die vollständige Identität der beiden Kämpfer veröffentlicht, die am Sonntag die Fedai-Aktion gegen die Generaldirektion für Sicherheit des Innenministeriums im Regierungsviertel in Ankara durchgeführt haben. Rojhat Zîlan (Özkan Şahin) und Erdal Şahin (Hasan Oğuz) gehörten der Sondereinheit „Brigade der Unsterblichen“ an. „Sie sind Symbole einer Epoche, mit ihrer historischen und selbstlosen Aktion haben sie den kolonialistischen, genozidalen Feind erschüttert“, erklären die HPG und sprechen den Familien der Gefallenen und dem gesamten kurdischen Volk ihr Mitgefühl aus. „Wir sind tief verbunden mit dem apostischen Verständnis der Gefallenen der Brigade der Unsterblichen für das Leben und ihrer Definition von Freundschaft, ihrer Kampflinie und Opferbereitschaft, ihrem professionellen Handeln, der Tatsache, dass sie eine große Kraft für Vergeltung sind, und mit ihrer Aktion an sich, die uns den Sieg aufzeigt. Wir werden sie zur Richtschnur unseres Handelns machen, und wir werden gewinnen. Das versprechen wir.“

Zur Biografie der Gefallenen heißt es:

Codename: Rojhat Zîlan
Vor- und Nachname: Özkan Şahin
Geburtsort: Wan
Namen der Eltern: Ipek – Mehmet
Todestag und -ort: 1. Oktober 2023 / Ankara
 
Codename: Erdal Şahin
Vor- und Nachname: Hasan Oğuz
Geburtsort: Mersin
Namen der Eltern: Ramziye – Abdulselam
Todestag und -ort: 1. Oktober 2023 / Ankara
 


Rojhat Zîlan

Rojhat Zîlan wurde in Wan-Erdîş in der nordkurdischen Serhed-Region geboren. Seine Familie gehört dem Stamm der Celalî an, der seit jeher bekannt ist für seine widerständige Haltung gegen Besatzung, Unterdrückung und Kolonialismus in Kurdistan. Diese Tatsache hat seine Persönlichkeitsbildung gefördert. „Geschichten, die er als Kind über das Massaker im Geliyê Zîlan hörte, wo zehntausende Kurdinnen und Kurden gefoltert und brutal ermordet worden waren, wirkten sich prägend auf den späteren Werdegang von Hevalê Rojhat aus. Durch diese Geschichten erkannte er die Realität des Feindes, die sich in sein Gedächtnis brannte. Er wartete bereits früh auf den Tag, an dem er Vergeltung üben würde für die Verbrechen des türkischen Staates an unserem Volk“, schreiben die HPG in einem Nachruf auf den Kämpfer.


Mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Rückgrat der kurdischen Befreiungsbewegung, setzte Rojhat Zîlan sich erstmals 1999 intensiver auseinander. Ausschlaggebend hierfür war die Entscheidung seines Bruders Egîd Wan (Ilhan Şahin), sich in Reaktion auf das „Internationale Komplott“, wie die kurdische Gesellschaft die völkerrechtswidrige Verschleppung des PKK-Begründers Abdullah Öcalan aus Kenia in die Türkei bezeichnet, der Guerilla anzuschließen. Er brach die Schule ab, weil er in ihnen staatliche Assimilationszentren sah, und ging in den Westen der Türkei, um zu arbeiten und somit zum Unterhalt seiner Familie beizutragen. „Hevalê Rojhat jobbte in verschiedenen Bereichen und schuf sich mit seiner Arbeitskraft quasi neu. Denn ihm wurde in dieser Phase die Unantastbarkeit der durch Arbeit geschaffenen Werte bewusst, die er zu seinem Lebensprinzip machte“, betonen die HPG.

In Istanbul lernte Rojhat Zîlan Kader der Revolutionären Jugend kennen und fasste den Entschluss, sein Leben dem Befreiungskampf des kurdischen Volkes zu widmen. „In dieser Etappe des revolutionären Marsches, den unser Genosse auf offenherzige und aufrichtige Weise begann, wurde er aufgrund seines selbstlosen Handelns innerhalb kurzer Zeit zu einem Pionier. Er begegnete hunderten von jungen Menschen, die wie er jenseits ihrer Heimat Kurdistan leben mussten, und ermöglichte es ihnen, in die Reihen des Widerstands zu strömen. Hevalê Rojhat hatte eine reife und aufrichtige Haltung, die auf alle jungen Menschen, die ihn kennenlernten, einen tiefen Eindruck machte. Er selbst versuchte in dieser Phase, seinen eigenen Kampf auszuweiten“, erklären die HPG.

Der Gefallenentod des Bruders Egîd Wan in Qendîl im Jahr 2011 war ein Wendepunkt im Leben von Rojhat Zîlan. Die nächsten drei Jahre war er noch schwerpunktmäßig in der Jugendbewegung aktiv, bis er 2014 selbst in die Berge ging. Dem Leben bei der Guerilla schloss er sich voller Hingabe an und entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem „begnadeten Kämpfer“, so die HPG: „Er übernahm die Aufgabe und Verantwortung, die Freiheit unseres Vorsitzenden und unseres Volkes zu sichern.“ Zu diesem Zweck wurde er Teil der Sondereinheit Hêzên Taybet, die eine besondere Opferbereitschaft und ideologischen Tiefgang voraussetzt. „Hevalê Rojhat war sich bewusst, dass der Apoismus ganzheitlich praktiziert werden muss. Deshalb machte er sich die Linie der Frauenbefreiung, die Grundlage des Paradigmas des freien Lebens, zu eigen. In Selbstreflektion richtete er den Blick auf die Auswirkungen des männerdominierten Systems auf die eigene Person, kämpfte dagegen an und überwand alle Züge einer klassisch dominanten Männlichkeit. Er ‚tötete‘ den Mann und setzte Schritte in Richtung freies Leben, das nur durch eine Vertiefung in die Philosophie der Frauenbefreiung möglich sein kann. Ihm und seiner wertvollen Freundschaft galt eine große Liebe und der Respekt aller Weggefährten, insbesondere unserer Freundinnen.“

Rojhat Zîlan habe das „gewöhnliche Leben“ abgelehnt und sei stets darauf ausgerichtet gewesen, den „Weg des Sieges“ zu gehen, erklären die HPG. „Es genügte ihm nicht, gewisse Aktivitäten auszuführen. Er machte es sich zur obersten Priorität, seine Gedanken als zielgerichteter Fedai zu bereichern, und Innovationen zu schaffen, indem er sich auf Taktik und Stil konzentrierte. Er wollte sich rächen am Feind und ihn mit einem schweren Schlag treffen. Das war seine Antwort auf die Isolationspolitik und die Massaker, die unser Volk tagtäglich erdulden muss, und ein Zeichen der Verbundenheit zu seinen Genossinnen und Genossen, die ohne zu zögern ihr Leben dem Widerstand gegeben haben.“

Erdal Şahin

Erdal Şahin wurde in der südtürkischen Küstenprovinz Mersin geboren. Seine Eltern stammen ursprünglich aus Şirnex (tr. Şırnak) in Nordkurdistan. Sie wurden vertrieben, weil sie sich weigerten, Teil des staatlichen Dorfschützersystems zu werden. Das Spiegelbild der grundsätzlich unterdrückerischen Realität in Kurdistan reflektierte sich dennoch, da viele Mitglieder des Harunî-Stammes, dem die Familie Oğuz angehört, sich in der Hochphase der Politik der verbrannten Erde der Guerilla angeschlossen hatten.

Auch bedingt durch sein Elternhaus, das im kurdischen Befreiungskampf Wurzeln geschlagen hatte, und das patriotische Umfeld, in dem er aufwuchs, lernte Erdal Şahin die PKK bereits früh kennen. Diese Begegnung und seine kämpferische Persönlichkeit führten ihn auf eine Suche. Dabei stieß er auf die Philosophie von Abdullah Öcalan, mit der er sich intensiv auseinandersetzte. Die allgegenwärtige Unterdrückung in Kurdistan und die Angriffe gegen das kurdische Volk, seine Identität, Geschichte und Kultur brachten ihn dem Widerstand schnell näher. Er wurde Teil der Revolutionären Jugend, weil er Verantwortung für die kurdische Sache übernehmen wollte. „Hevalê Erdal fiel überall, wo er war, durch seine militante Persönlichkeit auf und leistete Pionierarbeit für die kurdische Jugend, indem er große Anstrengungen unternahm, ihr Bewusstsein gegen Assimilierungs-, Verleugnungs- und Vernichtungsangriffe zu schärfen. Je mehr er sich in dieser Zeit den Ideen von Rêber Apo und dem Widerstand der PKK widmete, desto höher wurde sein eigenes Kampftempo. Die Verbundenheit zu seinem Onkel Şahin Cansel (Ahmet Oğuz), der in den 1990er Jahren im Widerstand fiel, war prägend im Leben von Hevalê Erdal, und letztlich entscheidend für seinen Entschluss, ein vollkommen revolutionäres Leben zu führen.“


Der Guerilla schloss sich Erdal Şahin im Jahr 2013 an. Dem Leben in den Bergen widmete er sich mit großer Liebe und Aufmerksamkeit, schreiben die HPG: „Er war ein starkes Bindeglied des freien, mit der apoistischen Ideologie verwobenen Lebens in den Bergen Kurdistans. Seine Grundausbildung absolvierte er mit großem Erfolg und wurde binnen kürzester Zeit zu einem kompetenten Kämpfer. Das Hauptaugenmerk unseres Genossen Erdal, der alle Schwierigkeiten, denen er begegnete, mit Begeisterung überwand, und der mit seiner Haltung, die für sein Umfeld eine Quelle der Kraft und Moral war, ein wegweisender Kämpfer war, war jedoch stets die Philosophie des freien Lebens von Rêber Apo. Er lernte schnell und war bekannt dafür, das Erlernte durch den Austausch mit seinen Freundinnen und Freunden zu bereichern und zu verwirklichen und fasste den Entschluss, die Flagge der unsterblichen Gefallenen ins Ziel zu tragen. Sein Erbe an uns als seine zurückgebliebenen Weggefährt:innen, wird ohne zu zögern befolgt: Wir werden die Freiheit unseres unterdrückten Volkes um jeden Preis erreichen.”