Haftstrafe im Prozess um Mord an Sevag Balıkçı

In Êlih endete am Montag der Prozess um den Mord am armenischstämmigen Wehrpflichtigen Sevag Şahin Balıkçı. Der ultranationalistische Täter wurde zu fast 17 Jahren Haft verurteilt, das Gericht ging allerdings nur von einem bedingten Tötungsvorsatz aus.

Am 24. April 2011, dem Gedenktag für die Opfer des armenischen Genozids, wurde der armenische Wehrpflichte Sevag Şahin Balıkçı bei der Ableistung des Militärdienstes für die türkische Armee in Hezo (Kozluk) in der Provinz Êlih (Batman) von einem Rekruten erschossen . Die Tötung – 23 Tage vor der Entlassung des 25-Jährigen – sei ein Versehen gewesen, behauptete die Armee. Die beiden jungen Männer hätten herumgealbert, sich über den Völkermordgedenktag lustig gemacht und dann habe sich ein Schuss gelöst. Ein „Unfall” also.

Balıkçıs Verlobte Melani Kumruyan zweifelte an der offiziellen Darstellung. Warum sollte er Witze über das Trauma des Genozids gerissen haben? Zu oft hatte der armenischstämmige Soldat in Telefonaten mit ihr das Mobbing seiner Kameraden beklagt. Und so ergaben Nachforschungen, dass es sich beim Täter Kıvanç Ağaoğlu um einen bekennenden Ultranationalisten mit Symphatien für die türkische Konterguerilla handelte. Dennoch bagatellisierte auch die türkische Justiz den Vorfall als „Resultat eines Spieles unter Soldaten, das tragisch endete“.

Sevag Şahin Balıkçı (Mitte) als Wehrpflichtiger 

In einem ersten Verfahren vor einem Militärgericht wurde Ağaoğlu wegen fahrlässiger Tötung zu einer knapp viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, obwohl ein ballistisches Gutachten im Widerspruch zur Aussage stand. Auch war bekannt, dass es vor den Schüssen in der Kaserne hitzige Diskussionen über Religion und Armenier gegeben hatte. Die Eltern von Sevag Şahin Balıkçı zogen vor ein Berufungsgericht und erwirkten, dass das Urteil aufgehoben wird – allerdings nur wegen Formfehlern. Im Februar 2018 wurde schließlich vor einem Strafgericht verhandelt. Doch mit der Abschaffung der Militärgerichtsbarkeit durch ein Notstandsdekret (Nr. 668) landete der neu aufgelegte Prozess im tatortbezogenen Zuständigkeitsbereich der 1. Großen Strafkammer Batman. Das Verfahren dort endete am Montag mit einem Schuldspruch für Ağaoğlu. Das Gericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von 16 Jahren und acht Monaten, ging jedoch davon aus, dass der Täter mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Ağaoğlu wurde noch im Gerichtssaal verhaftet und in ein Gefängnis überführt.