Haftstrafe für Friedensakademikerin

Im Verfahren gegen Yonca Demir hat die türkische Justiz geurteilt. Weil die Akademikerin mit ihrer Unterschrift das Ende der Gewalt gegenüber der kurdischen Bevölkerung gefordert hat, soll sie wegen Terrorpropaganda ins Gefängnis.

Als Zeichen der Empörung über die Monate andauernden Ausgangssperren in Nordkurdistan, bei denen das türkische Militär mit äußerster Gewalt gegen die Zivilbevölkerung vorging, forderten unzählige Intellektuelle und Wisschenschaftler*innen in einer Petition das sofortige Ende der Gewalt gegenüber dem kurdischen Volk.

Unter dem Titel „Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein” setzten sich im Januar 2016 fast 1.200 Wissenschaftler*innen und Intellektuelle aus 90 Universitäten für ein Ende der „Vernichtungs- und Vertreibungspolitik gegenüber der gesamten Bevölkerung” in Nordkurdistan ein und forderten die türkische Regierung auf, die Friedensverhandlungen mit dem kurdischen Volk wiederaufzunehmen. Später stieg die Zahl der Unterschriften auf 2.212.

Die türkische Regierung reagierte mit einer Entlassungswelle. Im Ausnahmezustand wurden per Notstandsdekret mehrere Tausend Akademiker*innen entlassen. Hunderte der betroffenen Wissenschaftler*innen sind Teil der Initiative „Akademiker*innen für den Frieden”.

Seit Beginn der Massenprozesse am 5. Dezember 2017 standen bereits 450 Akademiker*innen wegen mutmaßlicher terroristischer Propaganda vor Gericht. Damit werden sie beschuldigt, sich mit dem kurdischen Volk solidarisiert zu haben. Einladungen der HDP (Demokratische Partei der Völker) wertete die Justiz als Material verbotener Organisationen. 90 Akademiker*innen wurden bereits mit Haftstrafen belegt, darunter auch die Hessische Friedenspreisträgerin Şebnem Korur Fincancı.

Vor der 28. Strafgerichtskammer in Istanbul fand nun der Prozess gegen die Akademikerin Dr. Yonca Demir statt. Wegen Terrorpropaganda ist die ehemalige Lehrbeauftragte der Bilgi-Universität zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Die Akademikerin hat angekündigt, vor das Berufungsgericht zu ziehen.