Die in der Türkei wegen Terrorvorwürfen angeklagte Kölnerin Gönül Örs darf das Land weiter nicht verlassen. Das Gericht in Istanbul hielt am Donnerstag an einer Ausreisesperre gegen die Sozialwissenschaftlerin fest. Die wöchentliche Meldepflicht bei der Polizei wurde aufgehoben, der Prozess wird am 6. April fortgesetzt.
Ihre Anwältin Ayse Çelik hatte die Aufhebung der Ausreisesperre beantragt. „Ihr Leben ist in Deutschland“, sagte sie. Örs habe in der Türkei kein Einkommen und müsse mit ihren Verwandten leben. Sie sei einsam und depressiv. „Der Horror muss endlich ein Ende haben“, teilte der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Schwabe mit. „Gönül Örs hat kein Verbrechen begangen, das wird das Gericht beim nächsten Prozesstag feststellen müssen.“
Gönül „Dilan“ Örs war im Mai 2019 festgenommen worden, als sie in der Türkei ihre Mutter Hozan Canê in der Haft besuchen wollte. Die Sängerin, die ebenfalls aufgrund von Terrorvorwürfen angeklagt ist, wurde Anfang Oktober nach zwei Jahren aus einem Istanbuler Gefängnis entlassen. Ihre Tochter hatte zunächst eine Ausreisesperre erhalten, bevor sie drei Monate in Untersuchungshaft saß. Im Dezember 2019 wurde Örs in den Hausarrest entlassen und musste eine elektronische Fußfessel tragen. Im vergangenen Juni wurde die Maßnahme aufgehoben.
Anklage aufgrund von BKA-Informationen
Die Anklage wegen „Propaganda“ für die kurdische Arbeiterpartei PKK, „Freiheitsberaubung unter Gewaltanwendung“ und „Entführung von Beförderungsmitteln“ gegen Örs stützt sich im Wesentlichen auf Informationen, die das Bundeskriminalamt (BKA) an die Türkei weitergegeben hat. Örs hatte sich im Jahr 2012 an einer Protestaktion auf einem Schiff in Köln beteiligt. Eine Gruppe kurdischer Aktivist*innen hatte damals kurzzeitig einen Ausflugsdampfer auf dem Rhein besetzt, um mit der Verlesung einer Erklärung auf den damals in Straßburg durchgeführten Hungerstreik gegen die Isolation Abdullah Öcalans aufmerksam zu machen. Gegen die Beteiligten wurde ein Verfahren eingeleitet, das später eingestellt wurde. Die Erkenntnisse daraus gab ein Kontaktbeamter des BKA an die türkische Polizei weiter.