Gedenkveranstaltung für Ümit Acar in Ingolstadt

In Ingolstadt hat eine Gedenkveranstaltung für Ümit Acar stattgefunden. Der kurdische Aktivist hat vor einem Jahr mit einer Selbstverbrennung gegen die Isolation Abdullah Öcalans und die antikurdische Politik der Bundesregierung protestiert.

Vor einem Jahr setzte der jugendliche Aktivist Ümit Acar in Ingolstadt seinen Körper in Brand. Heute fand in der Stadt, in der er als Asylsuchender mit seinem Bruder lebte, eine Gedenkveranstaltung statt. Im Namen des kurdischen Dachverbands KCDK-E hielt Demir Çelik eine bewegende Rede. Danach sprachen Vertreter*innen der PYD. Zahlreiche Gäste, Familienangehörige und Freunde nahmen teil und erinnerten in bewegenden Worten:

„Wir gedenken unserem Freund und Genossen Ümit Acar in Respekt und Dankbarkeit. Die Erinnerung an ihn werden wir stets bewahren.”

Die Selbstverbrennung von Ümit Acar geschah im 20. Jahr des internationalen Komplotts gegen Abdullah Öcalan, an dem auch Deutschland beteiligt war. Sie geschah am Tag des pompösen Staatsbesuchs von Recep Tayyip Erdoğan in Berlin. Sie geschah, als die deutsche Unterstützung für den Krieg der türkischen Regierung gegen die Kurden immer offensichtlicher wurde. Die Bilder aus Efrîn, als die türkische Armee mit Panzern aus deutscher Produktion einrückte, waren jedem vor Augen. Der Protestsuizid von Ümit Acar ereignete sich in einer Zeit, als die Hetze gegen Asylsuchende durch Rassisten in Deutschland einen neuen Höhepunkt erreichte, als speziell Kurden, die sich zu ihrer Identität bekannten, von den Medien stigmatisiert und von der Justiz kriminalisiert wurden.

Für einen 28-Jährigen, der in Deutschland Schutz suchte vor der Verfolgung in seiner Heimat, war das zu viel. Anknüpfend an Mazlum Doğan, Kemal Pir und Mehmet Hayri Durmuş sah er die Selbstverbrennung als Aufbegehren und letzte Widerstandshandlung. Seinen Protest gegen den allumfassenden Krieg gegen die Freiheitsbewegung drückte er in seinem Abschiedsvideo aus.

„Beendet nicht euer Leben, stärkt den Widerstand“

Als dann im Laufe des Hungerstreiks für die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan auch Uğur Şakar in Krefeld sowie sieben Gefangene in der Türkei ihrem Leben ein Ende bereiteten, wurden die Stimmen gegen individualistische Aktionen lauter. Die PKK appellierte: „Es gibt Formen des Protests, auf die nicht mehr zurückgegriffen werden sollte.“ Stattdessen solle man sich auf gemeinsames, organisiertes Handeln gegen den Faschismus konzentrieren. Leyla Güven, die den Hungerstreik initiierte, formulierte es so: „Beendet nicht euer Leben, stärkt den Widerstand“.

Während sich die Freiheitsbewegung in Trauer und Respekt mit den Protestsuiziden auseinander setzte, geriet die deutsche Rezeption der Selbstverbrennungen von Ümit Acar und Uğur Şakar zur schäbigen Pathologisierung der Suizide. Der Widerstand wurde entpolitisiert. Die Botschaft an die Bundesregierung, sie mache sich durch die Unterstützung des türkischen Staates mitschuldig am Krieg gegen die Kurden, sollte nicht kommuniziert werden. Der Schrei gegen die Kollaboration und das Schweigen zu den Kriegsverbrechen des türkischen Staates fand keinen Eingang in die mediale Öffentlichkeit.

Dem gegenüber steht eine kollektive und emotionale Gedenkkultur der Freiheitsbewegung, die nicht nur auf das private Individuum fokussiert, sondern – bei aller Kritik an der Form – den Geist des Widerstands erkennt und wertschätzt. Şehîd Namirin, Ümit Acar!