Zum Abschluss der Kurdistan-Tage in Leipzig hat am späten Sonntagnachmittag eine Demonstration unter dem Motto „Freiheit für Öcalan – Frieden in Kurdistan“ stattgefunden. Ab 16 Uhr versammelten sich rund 100 Teilnehmende am Willy-Brandt-Platz am Leipziger Hauptbahnhof. In Redebeiträgen wurde auf die prekäre Haftsituation Abdullah Öcalans in der Türkei aufmerksam gemacht: Öcalan sitzt seit über 24 Jahren in nahezu vollständiger Isolationshaft auf der Gefängnisinsel Imrali. Seit nunmehr zwei Jahren besteht weder Kontakt zum Vordenker der kurdischen Freiheitsbewegung, noch ist es möglich, an Informationen zu seinem gesundheitlichen Zustand zu kommen. Durch diese einmaligen Haftbedingungen wird Öcalan zum Ausdruck der massiven und sich immer weiter zuspitzenden Repression gegen Kurd:innen und die kurdische Freiheitsbewegung. Auch in Deutschland zeigt sich dies in sich häufenden Abschiebungen gegen Kurd:innen, vor allem wenn sie politisch aktiv sind, und in diversen Hausdurchsuchungen in kurdischen Kulturvereinen allein in den vergangenen Monaten.
Kurdische Bewegung soll zerstört werden
In den Redebeiträgen wurde auf die außergewöhnlich bereitwillige Kooperation verschiedener Nationalstaaten und Geheimdienste aufmerksam gemacht, die die Verschleppung Abdullah Öcalans im Februar 1999 überhaupt erst ermöglichte. Seitdem dient sie den globalen kapitalistischen Mächten als Beispiel dafür, wie in der Bekämpfung der kurdischen Freiheitsbewegung sonstige Differenzen beiseitegelegt und gegen freiheitliche Ideen zusammengearbeitet wird. „Wir können bis heute beobachten, wie der türkische Faschismus sich immer weiter ausbreiten und intensivieren kann, während die sogenannte internationale Staatengemeinschaft diese Entwicklungen stillschweigend toleriert oder sogar aktiv unterstützt“, merkte etwa eine Sprecherin der Kampagne Women Defend Rojava an. Die Verhaftung Abdullah Öcalans als Repräsentant des kurdischen Volkes vor über 20 Jahren genauso wie die verstärkten Drohnen- und Chemiewaffenangriffe in Kurdistan seit dem letzten Jahr hätten zum Ziel, die kurdische Freiheitsbewegung, ihre Ideen und die Orte, wo sie gelebt werden, zu zerstören.
Stark eingeschränkte Auflagen
Auf der Demonstration wurde darüber hinaus deutlich, dass die Isolation Abdullah Öcalans durch die Repressionsbehörden hier genauso wie in der Türkei auf allen Ebenen versucht wird umzusetzen: Die Auflagen schränkten stark ein, auf welche Art und Weise sein Bild gezeigt werden durfte, und verboten jeden Bezug zu der Bewegung, deren Vorreiter er ist.
Das Loslaufen verzögerte sich zunächst, da die Polizei vier Aktivist:innen in einer Maßnahme festhielt. Nach etwa einer Stunde konnte der Aufzug dann aber mit Musik, vielen kraftvollen und kämpferischen Sprüchen und wehenden Fahnen vom Hauptbahnhof in den Osten von Leipzig ziehen. Es gab durch die Moderation immer wieder Ansprachen an Passant:innen und Anwohner:innen und Aufmerksamkeit und Zuspruch von Umstehenden am Straßenrand. Die Demonstration kam über die Eisenbahnstraße im Stadtteilpark Rabet an, wo sie mit zwei Redebeiträgen abgerundet wurde. Hier wurde noch einmal die Bedeutung Abdullah Öcalans für die Frauenbefreiung herausgestellt: Nicht nur rückte er in seinen Analysen die Geschlechterfrage ins Zentrum und ermutigte Frauen immer wieder dazu, sich autonom zu organisieren und so ihre Befreiung eigenständig voranzutreiben, sondern er stellte sich selbst auch immer wieder als Beispiel zur Verfügung, die dominante Männlichkeit in sich zu bekämpfen und zu überwinden.
Ausklang fand die Versammlung mit Tänzen und vielen Luftballons, die besonders die Kinder begeisterten und an denen die Forderung nach Freiheit für Abdullah Öcalan in den Himmel steigen gelassen wurde.