Kurdische und internationalistische Jugendaktivist:innen haben vor dem Europarat in Straßburg ihre Forderungen zum Ausdruck gebracht. Die Aktivist:innen hielten ein Transparent mit der Aufschrift „Free Öcalan“ und gaben eine Erklärung ab.
„Wie junge Menschen aus Europa und vielen anderen Ländern der Welt sind auch wir heute beim Europarat vorstellig geworden, um unsere Bedenken und Fragen zur Arbeit des Europarates und seiner Mitgliedsorganisationen zu äußern.
Der Europarat ist eine Organisation, die gegründet wurde, um die Menschenrechte in seinen Mitgliedsstaaten, einschließlich Nicht-EU-Ländern, zu garantieren. Als historische europäische Institution, die zu diesem Zweck gegründet wurde, verfügt der Europarat über verschiedene Institutionen, Sitzungen und Zuständigkeiten, die über ganz Europa und darüber hinaus verteilt sind. Trotz all dieser Ressourcen hat der Europarat in vielerlei Hinsicht seine hochgesteckten Ziele des Menschenrechtsschutzes nicht erreicht.
Rêber Apo [Abdullah Öcalan] wird seit fast 25 Jahren in einer Einzelzelle im Foltersystem von Imrali festgehalten. Wir denken, dass alle, die Nachrichten lesen, mit der allgemeinen Menschenrechtssituation in der Türkei vertraut sind. Die Gefängnisse sind voll von politischen Gefangenen und es gibt immer wieder Berichte über Folter und unmenschliche Praktiken.
Der Europarat ist eine historische europäische Institution, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, um die Menschenrechte und den Frieden in der Region zu gewährleisten. Er umfasst die Generalversammlung und das Komitee der Außenminister:innen und ist dafür zuständig, auf Menschenrechtsverletzungen zu reagieren.
Seit fast drei Jahren (33 Monaten) gibt es keine Informationen über die Situation von Rêber Apo. Wir sind heute hierher gekommen, um gegen dieses Schweigen zu protestieren, denn diese Aktion ist unser grundlegendes Menschenrecht.
Wir wollen einen detaillierten Bericht über den Besuch der Delegation des Antifolterkomitees CPT im September vergangenen Jahres. Wir möchten auch die Einzelheiten des gestrigen Treffens zwischen der Generalsekretärin des Europarates, Marija Pejčinović Burić, und dem türkischen Außenminister Hakan Fidan erfahren. Wurden Menschenrechtsverletzungen durch den türkischen Staat besprochen? Wurde die strenge und absolute Isolierung von Rêber Apo erörtert? Ist der Europarat über die Situation von Rêber Apo informiert? Warum gibt der Europarat keine Informationen weiter?
Als europäische Bürgerinnen und Bürger und als politische Flüchtlinge machen wir von unserem demokratischen Recht Gebrauch, uns einzumischen und zu bekräftigen, wenn die Menschenrechte vernachlässigt oder zu einem Instrument der Diskussion und Verhandlung werden. Das ist unsere Aufgabe gegenüber den Menschen und der Jugend.
Wir fordern das Ministerkomitee auf, sich auf seiner nächsten Sitzung mit der aktuellen Situation von Rêber Apo zu befassen. Wir fordern, dass das Protokoll des Treffens mit Hakan Fidan und Marija Pejčinović Burić öffentlich gemacht wird. Wir fordern ein Ende der Isolation von Rêber Apo, seine körperliche Freiheit und eine Lösung der kurdischen Frage im Nahen Osten über einen Dialog“, so die Erklärung der Jugendaktivist:innen.
Die französische Polizei intervenierte gegen die Aktion und nahm mehrere Personen fest. Einige der Aktivist:innen wurden auf dem Rücken in Handschellen gelegt. Als sie von der Polizei abgeführt wurden, riefen sie weiter „Freiheit für Öcalan“.
Internationale Kampagne für die Freilassung von Abdullah Öcalan
Von Abdullah Öcalan und seinen drei Mitgefangenen Hamili Yıldırım, Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş auf der Gefängnisinsel Imrali im türkischen Marmarameer gibt es seit März 2021 kein Lebenszeichen mehr. Auch ihr Anwaltsteam und ihre Angehörigen haben keinen Zugang zu ihnen. Das Komitee zur Verhütung von Folter (CPT) ist eine Einrichtung des Europarats und hat im September 2022 Haftanstalten in der Türkei inspiziert, darunter auch das Hochsicherheitsgefängnis Imrali. Ob dabei ein Gespräch mit Öcalan und seinen Mitgefangenen stattgefunden hat, ist unbekannt.
Am 10. Oktober wurde auf einer Pressekonferenz vor dem Europarat, dem CPT und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die internationale Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage" vorgestellt. Die Kampagne fordert, Abdullah Öcalan freizulassen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich an Gesprächen für eine Lösung der kurdischen Frage zu beteiligen.