Festnahmen bei Studierenden-Protest in Istanbul

In Istanbul ist erneut ein Studierenden-Protest von der Polizei aufgelöst worden, mehrere Beteiligte wurden festgenommen. Bei der Kundgebung ging es um den morgigen Prozessauftakt gegen zwei Personen, die wegen den Boğaziçi-Protesten in Haft sind.

In Istanbul ist erneut ein Protest von Studierenden gewaltsam aufgelöst worden. Die Polizei führte mehrere Festnahmen durch, die genaue Anzahl ist noch unklar. Die Beteiligten hatten vor, am Hafen von Kadıköy eine öffentliche Erklärung abzugeben und zum Streik gegen die Zwangsverwaltung an Hochschulen aufzurufen. Die Proteste für die universitäre Autonomie dauern bereits seit der Ernennung des Finanzwissenschaftlers Melih Bulu zum Rektor der Istanbuler Boğaziçi-Universität Anfang des Jahres durch Präsident Recep Tayyip Erdoğan an.

Zwei Studierende werden abgeführt

In Reaktion auf die Ernennung Bulus, ein Parteigänger von Erdoğans AKP, etablierte sich eine Widerstandsbewegung, die gewaltsam unterdrückt werden soll. Hunderte Studierende und Aktivist*innen wurden im Zusammenhang mit den Protesten bereits festgenommen, gegen elf weitere erging Haftbefehl. Acht Studierende wurden zwar inzwischen wieder freigelassen – wenn auch nur gegen Meldeauflagen oder Hausarrest – mit Şilan Delipalta von der Studierendenbewegung Öğrenci Kolektifleri und dem TIP-Aktivisten Anıl Akyüz sitzen zwei Betroffene seit Anfang Februar hinter Gittern. Am morgigen Freitag beginnt der Prozess gegen beide wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Verhandelt wird am Justizpalast Anadolu im Stadtteil Kartal. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu drei Jahre Haft.

Die heutige Kundgebung war vom Landratsamt Kadıköy kurzfristig verboten worden. Daraufhin wurden rund um den Hafenplatz Straßensperren errichtet, etliche Zugänge blockierten Polizisten mit gepanzerten Fahrzeugen. Auf eine Verhandlung mit den HDP-Abgeordneten Züleyha Gülüm und Ali Kenanoğlu ließ sich die Einsatzleitung nicht ein. Stattdessen ging die Polizei mit Tränengas gegen die Studierenden vor, die Parolen wie „Die Universitäten gehören uns, wir werden sie befreien“ und „Wir werden kämpfend gewinnen“ riefen. Sowohl am Hafenplatz als auch in Seitenstraßen, in die sich die Studierenden nach dem Einsatz von Tränengas zurückzogen, kam es zu gewaltsamen Festnahmen. Die Polizeiblockade des Hafens dauert zur Stunde weiter an.