Am kommenden Dienstag findet vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht in München ein Prozess wegen der Verwendung einer Fahne der Frauenverteidigungseinheiten (kurd. Yekîneyên Parastina Jin, YPJ) statt. Der angeklagte Aktivist hatte am 10. Februar 2018 auf einer Demonstration gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei gegen Efrîn in Westkurdistan/Nordsyrien protestiert und zu diesem Zweck eine YPJ-Fahne getragen. Er wollte damit seine Solidarität mit den Frauen ausdrücken, die maßgeblich zur Niederschlagung der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) beigetragen haben, nur um dann von einem NATO-„Partner“ bombardiert zu werden. Dafür erhielt er von der Staatsanwaltschaft München einen Strafbefehl über 60 Tagessätze zu je 40 Euro.
Das Amtsgericht München hat den Aktivisten in einem wegweisenden Urteil freigesprochen. Es hat festgestellt, dass die Fahne der YPJ grundsätzlich nicht verboten ist und ein Tragen nicht bestraft werden kann. Die Staatsanwaltschaft hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt, über die nun am kommenden Dienstag verhandelt werden wird.
Rechtsanwalt: Anklage in geistiger Brüderschaft mit Erdogan
Das Urteil hat Bedeutung für hunderte von Verfahren. Weder die YPJ, noch die Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG) sind in Deutschland verboten. Die Welle an Strafverfahren wurde vielmehr losgetreten von einem bloßen Informationsschreiben des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 2. März 2017 an die Länder. „Wenn aber ein bloßes Informationsschreiben des BMI eine Strafbarkeit begründen kann, dann ist für den einzelnen Bürger nicht mehr abzuschätzen, was eigentlich strafbar ist und was nicht”, sagt Rechtsanwalt Mathes Breuer. Für den Münchner Juristen ist die Anklage politisch motiviert und erfolge „in geistiger Brüderschaft” mit dem türkischen Diktator Recep Tayyip Erdogan.
Verwendung der YPJ-Fahne für ein legitimes Ziel
„Das Verfahren ist nicht nur politisch absurd, sondern auch rechtsstaatlich gefährlich“, führt Breuer weiter aus. Sein Mandant habe sich lediglich für ein völlig legitimes Ziel eingesetzt und das mit der Fahne einer legalen Organisation. Er gehe daher davon aus, dass das Oberste Landesgericht den zutreffenden Freispruch aus erster Instanz bestätigt. „Am Ende des Verfahrens kann nur ein Freispruch stehen“, so Breuer. Die Verhandlung am Bayerischen Obersten Landesgericht (im Strafjustizzentrum, Nymphenburger Straße 16, München) beginnt am Dienstag, dem 1. Dezember, um 10 Uhr. Sitzungssaal ist nach derzeitigem Stand B277.