ESU fordert Anerkennung von Simele-Massaker

Im August 1933 wurden unter Führung des irakischen Militärs genozidale Angriffe gegen christliche Suryoye in Südkurdistan verübt. Das besonders von der Verfolgungswelle betroffene Dorf Simele bei Dihok wurde Namensgeber der Massaker.

Die Regierungen in Bagdad und Hewlêr sollen ihre Verantwortung übernehmen und das Massaker von Simele offiziell anerkennen. Das fordert der europaweite Dachverband der Suryoye (European Syriac Union, ESU) aus Anlass des Gedenktags der blutigen Ereignisse vom August 1933. In diesem Sommermonat vor 88 Jahren wurden in mehreren Angriffenwellen mehr als 60 Dörfer von christlichen Suryoye in Amêdî, Zaxo, Dihok, Şêxan und Mosul von irakischen Truppen sowie kurdischen und arabischen Verbündeten überrannt, zerstört und verbrannt. Verschiedenen Schätzungen nach fielen zwischen 5.000 und 9.000 Menschen den Massakern der plündernden und mordenden Horden zum Opfer.

Das besonders betroffene Dorf Simele (ku. Sêmêl) bei Dihok wurde Namensgeber dieses Genozids. Dort starben am 7. August 1933 etwa 350 Menschen, die in der örtlichen Polizeiwachstube Zuflucht gesucht hatten. Zwischen dem 11. und dem 16. August wurden in Mosul und Dihok rund 3.000 christliche Frauen, Männer und Kinder ermordet. Unter den Opfern waren auch acht Priester, von denen einer lebendig verbrannt wurde. Minderjährige Mädchen wurden vergewaltigt und mussten nackt vor den irakischen Offizieren „paradieren”. Noch bis zum Ende des Monats kam es immer wieder zu Übergriffen gegen Suryoye. Die Terrorkampagne hatte zur Folge, dass rund ein Drittel der christlichen Bevölkerung aus dem Land flüchtete.

Das Massaker von Simele war besonders tragisch, weil es sich beim Großteil der Bevölkerung um Nestorianer:innen handelte, die erst im Zuge des jungtürkischen Genozids an den christlichen Völkern im Osmanischen Reich zwischen 1914 und 1918 aus ihrer ursprünglichen Heimat – dem Hochtal von Colemêrg (tr. Hakkari) in Nordkurdistan – in dieses Gebiet geflüchtet waren. Überlebende des Simele-Massakers bekamen noch im selben Jahr das Chabur-Tal im Nordosten von Syrien vom Völkerbund in Genf als Siedlungsgebiet zugesprochen.

ESU: Massaker anerkennen, um Opfern würdig zu gedenken

In ihrer Erklärung weist die ESU auf die blutige Geschichte des vergangenen Jahrhunderts hin, in der die Suryoye Opfer mehrerer brutaler Verfolgungswellen wurden. Da wäre an erster Stelle der Sayfo-Genozid an den syrischen Christ:innen zu benennen, deren Population auf dem Gebiet der heutigen Türkei 1915 im Zuge des Völkermords an den Armenier:innen fast vollständig vernichtet wurde.

Zuletzt setzte die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 genozidale Maßnahmen gegen die Suryoye und Ezid:innen in Südkurdistan bzw. dem Irak ein, das bis dahin als ein Mosaik unterschiedlicher ethnischer und religiöser Gruppierungen galt. Das brutale Vorgehen der Terrorgruppe hat dieses Miteinander zerstört und zu einem Massenexodus der Christ:innen geführt. Mehr als 100.000 Suryoye sind aus der Ninive-Ebene geflohen und haben ihre Häuser, Städte, Dörfer, Kirchen und Klöster zurückgelassen. Unter IS-Herrschaft wurden Frauen und Kinder entführt, christliche Dörfer zerstört, Kirchen und Klöster entweiht oder dem Erdboden gleichgemacht.

„Während die Zukunft der Minderheiten im Irak in der Schwebe ist, befindet sich die Existenz der chaldäischen, assyrischen und aramäischen Völker in einer kritischen Phase”, so die ESU. Diese Situation erfordete eine umgehende Anerkennung der Probleme und eine schnelle Lösung, fordert der Dachverband. Die Zentral- und Regionalregierungen in Bagdad und Hewlêr hätten die verfassungsmäßige Pflicht, die Suryoye zu schützen. Die ESU fordert, dass der Irak und Südkurdistan das Simele-Massaker anerkennen, um der „Opfer dieser Tragödie“ würdig zu gedenken.