Das türkische Innenministerium hat Ermittlungen gegen den Oberbürgermeister der Großstadtkommune Istanbul, Ekrem İmamoğlu, und seinen Amtskollegen aus der Hauptstadt Ankara, Mansur Yavaş, eingeleitet. Beiden CHP-Politikern werden Spendenaktionen für bedürftige Menschen in der Corona-Krise zum Vorwurf gemacht.
Die Hintergründe hatte İmamoğlu in einem am Freitag erschienenen Interview der Zeitung „Sözcü” erklärt. Die Menschen hätten bereits umgerechnet rund 120.000 Euro gespendet, als das Konto eingefroren worden sei. „Der Spende der Gesellschaft an die Gemeinde auf diese Weise einen Riegel vorzuschieben, ist eine Schande. Wer auch immer das unterschrieben hat, sollte sich schämen”, sagte İmamoğlu. „Noch dazu wurden Ermittlungen gegen mich eingeleitet.”
Regimechef Recep Tayyip Erdoğan hatte diese und ähnliche Aktionen in anderen von der CHP und auch von der HDP geführten Städten vor etwa zwei Wochen verbieten lassen, aber gleichzeitig eine eigene Spendeninitiative ins Leben gerufen – „für die Notleidenden, die die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise am härtesten spüren“. Er selbst war solidarisch genug, um auf sieben Monatsgehälter zu verzichten. Statt staatlicher Hilfe für einkommensschwache Bürger*innen initialisiert die AKP mit ihrer „Kampagne der nationalen Solidarität“ unter dem Motto „Wir sind uns selbst genug“ ein Regierungsprogramm, das durch direkte Einzahlungen auf die Konten des Ministeriums für Familie, Arbeit und soziale Dienstleistungen von der Bevölkerung finanziert wird, während der Opposition von Erdoğan vorgeworfen wird, als „Staat im Staate" vorzugehen.
Die Sprecherin aus İmamoğlus Team, İlayda Koçoğlu, sagte, das Verbot der Regierung sei erst nach Beginn der kommunalen Spendenaktion erfolgt. Die Geldsammlung sei nicht rechtswidrig gewesen. Die HDP führt unterdessen erfolgreich eine Kampagne für Familienpatenschaften durch, um die staatliche Verbotspolitik zu durchbrechen und einkommensschwache Menschen zu unterstützen, damit sie die ökonomische Durststrecke überstehen können.